"Der Reigen" von Bernhard Lang mit den glänzenden Barbara Pöltl und Marco Di Sapia.

Bernhard Langs kompositorische Handschrift ist von ganz spezieller Markanz – insbesondere seine Vorliebe für Wiederholungstechniken. Sie vermitteln unverwechselbar das Musikgefühl, eine Schallplatte sei auf originelle Art und Weise kurz hängengeblieben. Es ist dies ein stilistisches Spezifikum, mit dem Lang für Pointen und szenische Zuspitzungen sorgt.

Beim Reigen, Langs Schnitzler-Adaption (nach dem Libretto von Michael Sturminger), sind solch Pointen überreich zugegen: Es purzeln aus den Figuren idente Worte und Sätze heraus (in der Regel dreimal). Sie wirken wie Marionetten, die für einen intensiven Augenblick ihrem Zustand ausgeliefert sind. Das Interessante bei dieser (2012 uraufgeführten) Oper: Sobald sich im Museumsquartier bei Wien Modern das Stilelement der Wiederholung zurückzieht, gewinnt die Geschichte wirklich szenischen Drive.

Arioses Flair

Die Intensität bleibt dann auch ohne Repetitionsspiel erhalten: Da sind Walking-Bass-Elemente, auch verrutschte, stilisierte Jazzstrukturen. Bisweilen bohren sich stechende Sounds ins Geschehen und verleihen den scheinbar unbeschwert dahinfließenden Dialogen etwas Quälendes, Bedrohliches. Die "Plaudereien" selbst schweben über dem Instrumentalen mit ariosem Flair, Sprechgesang oder Rap, wobei auch großes Schweigen ausbricht: Es erstarrt dann die Erotikszenerie, und alles taucht ein in einen psychedelischen Soundkosmos. Ergibt einen interessanten Kontrast.

Spezieller Kuss

Begegnungen finden in dieser genauen Inszenierung von Alexandra Liedtke, die im Sommer bei den Bregenzer Festspiele zu erleben war, im Wiener Gemeindebau statt, an einer Autobahn oder im Künstlerzimmer. Auch im Treppenhaus wird gerne noch ein schneller Genitalkuss verpasst. Auf dem Karussell der Liebschaften geht es denn auch nicht immer subtil zu – mitunter aber doch: Machtausübung und Verführung, Ehelüge und Selbstbetrug sind dann in Kammerspielformat zu studieren.

Ein sehr gutes Sängerensemble sorgt für Qualität, also: Anita Giovanna Rosati (als Marie und Lilly), Barbara Pöltl (als Manuela und Emma), Thomas Lichtenecker (als Alfred und auch Pauline), Alexander Kaimbacher (als Franz und Robert) und Marco Di Sapia (als Karl und Johannes). Belebend der Einsatz von Videos (Falko Herlod).

Sie schaffen einen speziellen atmosphärischen Raum und mischen sich elegant mit den Szenen, für die sich in der Leinwand kleine Räume öffnen. Der edle Sound des Amadeus Ensembles unter Walter Kobera tut das Edelste, um die Werkkontraste subtil auszuleuchten – samt jenen speziellen Wiederholungen. (Ljubisa Tosic,13.11.,2019)