Wird Werner Kogler zulassen, dass Sebastian Kurz die Klimaroute schließt?

Foto: Matthias Cremer

In der allgemeinen Aufgeregtheit um die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen werden die kühnsten Zukunftsszenarien entworfen, zum Beispiel: Wird Werner Kogler zulassen, dass Sebastian Kurz die Klimaroute schließt?

Die Frage hingegen, welche Lehren aus der Vergangenheit, konkret aus der 2003 gescheiterten Regierungsbildung dieser beiden Parteien, zu ziehen sind, wird nur selten gestellt. Eine rare Ausnahme davon lieferte unlängst Martin Bartenstein, der in einem Presse-Interview erklärte, woran es damals wirklich gescheitert sei: "Der Sargnagel war Peter Pilz", denn dieser hätte "das Thema Eurofighter hochgezogen". Dass ausgerechnet der damals für die mittlerweile gerichtlich großteils als Scheingeschäfte und Betrügereien entlarvten Eurofighter-Gegengeschäfte zuständige Minister Bartenstein dieser Themensetzung die Schuld am Ende der Verhandlungen gibt, wirkt ähnlich charmant wie ein Schwarzfahrer, der für den Abbruch seiner Reiseplanung das mögliche Auftauchen eines Fahrscheinkontrollors verantwortlich macht.

Weniger erheiternd ist aber die Aussicht, dass besagtes Eurofighter-Thema auch jetzt eine ähnliche Wirkung auf die Koalitionsverhandlungen haben könnte. Denn die ÖVP will durchsetzen, dass die nächste Regierung 300 Millionen Euro für eine "Nachrüstung der Eurofighter" lockermacht.

Kühnes Ansinnen

Um die Kühnheit dieses Ansinnens in ihrer ganzen Pracht zu erfassen, muss man sich nur den vor kurzem von der Rechercheplattform Dossier aufgedeckten Skandal um vom Eurofighter-Hersteller Airbus der Republik Österreich verrechnete Wucherpreise in Erinnerung rufen. Da hat uns der Münchner Rüstungskonzern beispielsweise für einen zehn Zentimeter langen und acht Zentimeter breiten Schnappverschluss zur Verriegelung von Eurofighter-Tankdeckeln 10.600 Euro in Rechnung gestellt. Das exakt gleiche Ersatzteil bekam die italienische Luftwaffe um 6000 Euro. Österreichs Beschwerde wegen des überhöhten Preises wurde prompt beantwortet: Im nächsten Jahr mussten wir für den Verschluss 16.200 Euro bezahlen. Und das, obwohl wir bereits 134 Millionen Euro "Servicepauschale" für Ersatzteillieferungen berappt haben, in der aber leider der Verschluss nicht enthalten ist.

Ebenso haben wir 17,6 Millionen Euro pauschal für "Administrationsdienste" gelöhnt, was Airbus nicht daran hinderte, extra "Administrationskosten" für die Schnappverschlussbestellungen zu kassieren. Zur krönenden Draufgabe stellten Techniker des Bundesheeres heuer im Sommer fest, dass in den gelieferten Schnappverschlüssen eine Quasi-Sollbruchstelle eingebaut war. Eine kleine Stahlfeder, deren Austausch kein Problem darstellt. Ihr Stückpreis liegt bei zehn Euro.

Angesichts all dessen wirkt die Idee, wieder Geschäfte mit Airbus zu machen, so, als würde man beim vermeintlichen nigerianischen Prinzen, dem man auf sein nettes Mail hin bereits ein Vermögen überwiesen hat, nachfragen, ob er noch was braucht. Sollte das wirklich der Ernst der ÖVP sein, kann es passieren, dass der Sarg einer gescheiterten schwarz-grünen Koalition diesmal nicht mit einem Nagel verschlossen wird, sondern per Schnappverschluss. (Florian Scheuba, 13.11.2019)