Der erstangeklagte Fotograf des Gruppenfotos, für das mit dem Hitlergruß posiert wurde, erhielt mit 15 Monaten und 15 Tagen bedingt die höchste Strafe.

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Der Untersberg ist immer wieder Anziehungspunkt für Esoteriker und Verschwörungstheoretiker.

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Salzburg – Wegen Sieg-Heil-Rufen und Posierens mit Hitlergruß auf dem Untersberg bei Grödig sind vier Deutsche am Mittwoch von den Geschworenen am Salzburger Landesgericht wegen Wiederbetätigung schuldig gesprochen worden. Die zusammengewürfelte zwölfköpfige Reisegruppe, die sich über ein Internetforum verabredete, hätte den Ausflug zur sogenannten Lichtarbeit gemacht, schilderte einer der Angeklagten.

Zwei Skitourengeher aus Salzburg beobachteten am 8. April 2017 jedoch keinen "Lichtkreis", sondern wie mehrere Personen am Gipfel "Sieg Heil" riefen und die rechte Hand zum "deutschen Gruß" streckten. Sie verständigten die Polizei. Die Beamten waren bereits auf der Suche nach der Gruppe, weil eine Pensionsmitarbeiterin mit Hakenkreuzen beklebte Bierdeckel und ein aus Holz geschnitztes Wappen der "Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe" entdeckt hatte. Die Einrichtung der SS gründete Heinrich Himmler, um wissenschaftliche Belege für die Abstammung und Überlegenheit der sogenannten "arischen Rasse" zu finden. Als die Gruppe mit der Seilbahn vom Untersberg fuhr, wartete bereits die Polizei auf sie.

NSU-Anwalt wollte Vertagung

Sieben Mitglieder der Gruppe waren angeklagt, zwei erschienen nicht vor Gericht. Sie wurden aus dem Verfahren ausgeschieden und werden gesondert verhandelt. Der Erstangeklagte ließ sich von dem durch den NSU-Prozess bekannt gewordenen Rechtsanwalt und NPD-Mitglied Wolfram Nahrath vertreten. Dieser erklärte gleich zu Beginn des Geschworenenprozesses die gesamte Anklage als "unverständlich und unwirksam" und das Verbotsgesetz als menschenrechtswidrig – nicht der erste Versuch solch einer Verteidigung. Seinen Antrag auf Vertagung, um das Gesetz vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu bringen, wies die Vorsitzende Richterin Bettina Maxones-Kurkowski ab. Dass sich der Paragraf 3g mit der Menschenrechtskonvention decke, sei juristisch mehrfach entschieden.

Nahrath setzte daraufhin bei seinem Mandanten auf Schweigen. Den Aufkleber mit der "Schwarzen Sonne" habe sein Mandant auf dem Auto gehabt, das Wappen im Hotelzimmer räume er ebenfalls ein. "Weitere Angaben wird er nicht machen", sagte der Rechtsanwalt. Jedoch bezeichnete er beide Symbole als "nicht typisch für eine nationalsozialistische Organisation".

Schweigende Lichtarbeiter

Alle Angeklagten bekannten sich nichtschuldig und schwiegen überwiegend zu den Vorwürfen. Einzig ein junger Mann gab Auskünfte bezüglich des Vorfalls. Er sei weiter hinten gegangen, um einer nicht so geübten Wanderin zu helfen, und bei dem Gruppenfoto nicht dabei gewesen. Was später auch die beiden Zeugen bestätigten. Er wurde auch als Einziger freigesprochen. Der junge Mann gab aber Einblick in die Lichtarbeit oder der sogenannte Geomantie. "Dafür stellt man sich in einem Kreis auf, nimmt sich an den Händen, und man stellt sich vor, aus dem Boden kommt ein Lichtstrahl heraus – blau oder gelb – je nachdem. Es geht um positive Energie und Frieden", sagte der Angeklagte.

Der Untersberg ist immer wieder Anziehungspunkt für rechte Esoteriker. Verschwörungstheoretiker sehen den Berg gar als Ort, an dem ein Erweckungsstrahl die Landeposition für Nazi-Ufos signalisiert, die ein "deutsches Lichtreich" einführen sollten.

Urteil ist rechtskräftig

Bei ihrer Einvernahme bei der Polizei behaupteten einzelne Angeklagte, sie hätten Berg Heil gerufen. Das schlossen beide geladene Zeugen aber aus. Sie hätten deutlich Sieg Heil gerufen, im Chor, "richtig mit Begeisterung".

Davon gingen auch die Geschworenen aus und verurteilten den einschlägig vorbestraften Erstangeklagten zu 15 Monaten und 15 Tagen bedingte Haft. Die Strafe wurde als Zusatzstrafe zu einem Strafbefehl des Amtsgerichtes Jena ausgesprochen. Die anderen drei Angeklagten bekamen ein Jahr Bewährungsstrafen bei einer Probezeit von einem Jahr. Die Anklage gegen den jungen Mann, der als einziger aussagte, wurde von der Staatsanwaltschaft zurückgezogen, daraufhin wurde er freigesprochen. Die Urteile sind rechtskräftig. (Stefanie Ruep, 13.11.2019)