Abgeordneter Jim Jordan hat eine Frage.

Foto: APA/AFP/OLIVIER DOULIERY

Adam Schiff sitzt in einem schweren Ledersessel und spricht von Benjamin Franklin, einem der Wegbereiter der Vereinigten Staaten. Der habe die Frage, was für ein Land dieses Amerika sein würde, einst mit den Worten beantwortet: "Eine Republik, wenn ihr sie denn bewahren könnt". Dies, sagt Schiff, sei denn auch die entscheidende Frage des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump: "Können wir sie bewahren?" Ob man weiterhin eine Republik sein wolle, mit dem demokratischen Prinzip der Gewaltenteilung, oder aber in Verhältnisse abgleite, in denen der Präsident agieren könne wie ein Monarch mit allen Machtvollmachten – darum gehe es.

Der Abgeordnete aus Kalifornien war einst Staatsanwalt in Los Angeles, eigentlich ist er bekannt für seine nüchterne Art, nicht für dramatische Zuspitzungen. Trump hat ihn am Morgen, in einem seiner vielen Tweets, als den "korrupten Politiker Schiff" beschimpft, was für seine Verhältnisse noch milde war: Er hat den Demokraten auch schon einen "sehr unehrlichen Dreckskerl" genannt.

Und um der ersten öffentlichen Impeachment-Anhörung des Parlaments einen Kontrapunkt entgegenzusetzen, hat er für den Nachmittag eine Pressekonferenz mit Tayyip Erdoğan anberaumt, seinem zu Syrien-Konsultationen angereisten türkischen Amtskollegen. An der medialen Aufmerksamkeit ändert das Manöver freilich nichts. Sämtliche Kabelsender der USA berichten live über das, was im Kongress über die Bühne geht.

Schiff, jahrelang ein eher unauffälliger Volksvertreter, bevor ihn die Causa Ukraine zentral ins Rampenlicht treten ließ, kommt ohne Umschweife zu Sache. Die Fakten der Affäre, betont er in seinem Eingangsstatement, seien nicht zu bestreiten. Sie zeichneten das Bild eines Präsidenten, der eine Außenpolitik statt im nationalen im persönlichen Interesse betrieb, indem er die Regierung in Kiew zu Nachforschungen gegen seinen Rivalen Joe Biden anzuhalten versuchte und Militärhilfe blockierte, um Druck auszuüben.

Keine Leistung ohne Gegenleistung

Trumps Stabschef Mick Mulvaney, ruft Schiff in Erinnerung, habe das Publikum aufgefordert, sich damit abzufinden, da ein "quid pro quo" nun mal das Normale in der Politik sei – keine Leistung ohne Gegenleistung. Wenn man herausfinde, dass der Präsident seine Macht missbraucht habe, indem er einen Verbündeten wie die Ukraine zu Ermittlungen zwang, die seiner Wiederwahl nützen sollten – "sollen wir uns damit einfach abfinden?". "Ist es das, was die Amerikaner von jetzt an von ihrem Präsidenten erwarten dürfen?" Was sonst, wenn nicht ein solches Amtsverständnis, verdiene ein Impeachment, fragt Schiff. Habe der Eid eines Präsidenten, der sich zur Verteidigung einer Verfassung verpflichte, die die Macht zwischen Regierung, Parlament und Justiz ausbalanciere, sonst überhaupt noch eine Bedeutung?

Der Kalifornier hat den größten Saal des Repräsentantenhauses gewählt, um mit den öffentlichen Hearings des Geheimdienstausschusses zu beginnen. 13 demokratische und neun republikanische Abgeordnete sitzen im Raum Nr. 1100 des Longworth House Office Building. Hinter ihnen dunkle Vorhänge und güldene Kordeln, ein feierliches Ambiente, das den Eindruck unterstreichen soll, dass es, aus Sicht der Demokraten, um etwas Historisches geht.

Devin Nunes, im Intelligence Committee die Nummer zwei, macht als zweiter Redner deutlich, was für ein breiter Graben die Republikaner von den Demokraten trennt. Nachdem das Kartenhaus des "Russland-Schwindels" der Opposition spektakulär in sich zusammengebrochen sei, versuche die es mit der nächsten Theatervorstellung, poltert Nunes. Dem Hauptstück – gemeint ist der Versuch des Sonderermittlers Robert Mueller, dem Verdacht geheimer Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und dem Kreml auf den Grund zu gehen – folge nun die nächste, die billigere Aufführung.

Diplomaten sagen aus

Im Zeugenstand sitzen William Taylor und George Kent, beide altgediente Diplomaten. Der eine wurde im Juni vom Außenminister Mike Pompeo als Interimsbotschafter nach Kiew beordert, der andere ist Staatssekretär und Osteuropa-Experte im State Department. Beide wiederholen, was sie dem Ausschuss bereits in geschlossener Sitzung mitgeteilt hatten. Taylor, 72 Jahre alt, ein Veteran des Vietnamkrieges, skizziert noch einmal, Station für Station, die Zeitschiene des Skandals.

Die Ukraine, betont er, sei ein strategischer Partner der USA, sie stehe an der Frontlinie des Kampfes gegen ein von Neuem aggressives Russland. Trump aber habe Militärhilfe für das Land von Untersuchungen abhängig gemacht, sowohl gegen Joe Biden als auch gegen dessen Sohn Hunter, der im Aufsichtsrat des ukrainischen Gasunternehmens Burisma saß.

Ein solches Junktim sei "verrückt", protestierte Taylor Anfang September bei Gordon Sondland, einem Hotelier, der den Kandidaten Trump mit opulenten Spenden unterstützte und zum Dank dafür EU-Botschafter in Brüssel wurde, wo er zu einem Schlüsselakteur Trump’scher Privatpolitik in Sachen Ukraine wurde. Später will Daniel Goldman, ein Jurist, der im Auftrag Schiffs die Zeugen befragt, von Taylor wissen, ob er schon einmal erlebt habe, dass amerikanische Hilfe an persönliche Interessen eines Präsidenten geknüpft worden sei. Die Antwort, ebenso kurz wie eindeutig: "Nein, Herr Goldman, das habe ich nicht".

Taylor und Kent, so Beobachter am Ende, gaben gute Zeugen für die Demokraten ab. Viel Neues war aber nicht zu erfahren. Einzig ein Telefonat Sondlands mit Trump, das ein Mitarbeiter Taylors mitgehört haben will, war unbekannt. Trump soll Sondland darin eindringlich "zu Ermittlungen" befragt haben. Schiff will den Mitarbeiter nun ebenfalls als Zeugen vorladen. (Frank Herrmann aus Washington, 13.11.2019)