Beate Meinl-Reisinger will einen Untersuchungsausschuss.

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Sebastian Kurz und Werner Kogler werden am Thema Casinos kaum vorbeikommen.

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Am Tag nach Bekanntwerden der Details in der Casinos-Affäre war für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger am Donnerstag bereits klar: Die Arbeit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ist gut und wichtig, es brauche allerdings auch eine politische Aufklärung – sprich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss muss her.

Denn, so Meinl-Reisinger, "es ist mit Sicherheit kein reiner FPÖ-Skandal, sondern es ist selbstverständlich ein türkis-blauer Skandal". Auch dass in Zeiten von Message-Control ein ÖVP-Finanzminister im Alleingang Personalentscheidungen in Casinos und Nationalbank getroffen haben soll, erscheint den Pinken als unwahrscheinlich. Sie gehen davon aus, dass jedenfalls auch Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) davon wusste.

Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler war am Mittwoch zu Gast in der "ZiB 2". Er sprach über die Casinos-Affäre.
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Weitaus zurückhaltender fiel die Reaktion der Grünen aus. Bundessprecher Werner Kogler formulierte im Ö1-"Mittagsjournal" teilweise im Konjunktiv: "Ich würde mir das anschauen und bin da sehr interessiert, die Untersuchungsführung und Untersuchungsbeauftragung mitzubeeinflussen." Wie eine etwaige grüne Zustimmung zu einem Casinos-U-Ausschuss bei der ÖVP ankommen würde, war bis Redaktionsschluss für den STANDARD nicht zu eruieren. Kogler geht jedenfalls davon aus, dass die Causa vorerst nichts an den laufenden Koalitionsverhandlungen mit den Türkisen ändere. Er habe "natürlich" weiterhin Vertrauen zur Volkspartei, wie der Grünen-Chef betonte.

SPÖ bleibt vage

Rein numerisch wäre die Einsetzung eines U-Ausschusses auch ohne Stimmen der Grünen möglich. Nötig ist dafür ein Viertel der Stimmen – also 46 Mandatare –, und auf diese Zahl kämen die Pinken auch gemeinsam mit der SPÖ. Bei den Sozialdemokraten hält man es sich allerdings noch offen, ob eine parlamentarische Untersuchung der "in höchstem Maße besorgniserregenden" Affäre notwendig ist.

Meinl-Reisinger will Casinos in U-Ausschuss aufarbeiten.
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Die Roten wollen die Sache anders angehen: Es solle umgehend eine Sondersitzung des Nationalrats geben, man werde sich "noch heute" diesbezüglich an Grüne und Neos wenden, erklärte der stellvertretende Klubchef Jörg Leichtfried am Donnerstag und rechnet "bereits Ende nächster oder übernächster Woche" mit einem Termin. Die FPÖ gab sich äußerst reserviert zum Thema U-Ausschuss.

Belastungsprobe

Die Affäre wird jedenfalls zusehends zur Belastung für die ÖVP und wohl auch für die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen. Erst am Mittwoch hatte der frühere Finanzminister Hartwig Löger wissen lassen, dass er nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehe. Einen Konnex der Entscheidung zur Causa Casinos Austria (Casag) stellte er in Abrede.

Löger wird von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft des Amtsmissbrauchs verdächtigt. Er soll bei der umstrittenen Bestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo zum Finanzvorstand des teilstaatlichen Konzerns "ausschließlich aus parteipolitischen und koalitionstaktischen" Erwägungen gehandelt haben, heißt es in der Anordnung zu den Hausdurchsuchungen.

Die Behörde behauptet, dass Sidlos Bestellung Teil eines Deals war, bei dem Novomatic Glücksspiellizenzen erhalten und gleichzeitig dem Personalpaket bei der Casag zugestimmt habe. Die Casinos Austria AG gehört der Staatsholding Öbag, der Novomatic und der tschechischen Sazka.

NEOS-Abgegordnete Stephanie Krisper zur Forderung eines Untersuchungsausschusses in der Affäre um die Besetzung des Casino-Vorstandes mit dem FPÖ-Politiker Peter Sidlo.
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Löger: "Missverständnis"

Löger hat die Anschuldigungen zurückgewiesen und von einem "Missverständnis" gesprochen. Doch er ist nicht der einzige ÖVP-Mann, den die Ermittler ins Visier genommen haben. Auch gegen den früheren Parteichef Josef Pröll, Lögers Kabinettschef Thomas Schmid und Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner werden schwere Vorwürfe erhoben. Auch sie weisen die Vorwürfe zurück, für alle Genannten gilt selbstredend die Unschuldsvermutung.

Dazu kommt, dass Parteichef Sebastian Kurz in der anonymen Anzeige erwähnt wird, mit der der ganze Postenschacher erst bekanntgeworden war. Der damalige Bundeskanzler sei über die Bestellung Sidlos informiert gewesen, hieß es in dem Dokument, was Kurz-Vertrauter Gernot Blümel jüngst zurückgewiesen hat.

Neuer Finanzminister muss her

Kurzum: Der ÖVP-Chef muss sich nach einem neuen Finanzminister umschauen, wobei Blümel als Anwärter für den Posten bereits ins Spiel gebracht wurde. Auch ein neuerlicher Quereinsteiger – wie im Falle des Versicherungsmanagers Löger – erscheint denkbar, sofern die Volkspartei das Amt überhaupt besetzen sollte. Es soll freilich auch zarte Versuche der Grünen geben, sich für das Finanzministerium in Stellung zu bringen.

Abseits der laufenden Ermittlungen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ist in der Causa Casinos Austria am Donnerstag auch der Ruf nach einer parlamentarischen Aufarbeitung laut geworden.
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Enger Ibiza-Konnex

Aus der Anordnung zur Hausdurchsuchung geht auch hervor, wie eng die Ermittlungen im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre stehen. Im Gespräch mit der vermeintlichen Oligarchennichte hatte der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zum Thema neue Glücksspiellizenz gemeint: "Das ist verdammt schwer." Nachsatz: "Aber das geht."

Genau darauf bezieht sich die Staatsanwaltschaft in ihrer Anordnung. Strache meldete sich am Donnerstag zu Wort. Er wolle alle Vorwürfe entkräften, sagte er laut Austria Presseagentur (APA) am Rande eines Gerichtstermins. Belastende Chatverläufe mit Novomatic-Chef Harald Neumann kenne er, Strache, nicht und fügte hinzu, er habe immer wieder Chatkontakt zu verschiedenen Leuten.

Auch der ehemalige Regierungskoordinator der türkis-blauen Koalition, FPÖ-Chef Norbert Hofer, dementiert in die Postenbesetzung involviert gewesen zu sein. "Das ist nicht über meinen Tisch gegangen im Rahmen der Koordinierung", sagte er im Gespräch zur APA. "Ich habe es erst aus den Medien erfahren, welche Position wie besetzt ist." Jedoch ist sich Hofer sicher, dass Strache davon gewusst hatte: "Natürlich" sei dieser eingeweiht gewesen, so Hofer. (Karin Riss, Andreas Schnauder, red, 14.11.2019)