Im Alltag eines Journalisten gibt es wohl kein wichtigeres Werkzeug als sein Smartphone: Dort wird mit Quellen, offiziellen Interviewpartnern und Kollegen kommuniziert, dazu kommen private Nachrichten und Fotos. Das hielt Ermittler des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung (BAK) aber nicht davon ab, bei der Staatsanwaltschaft Wien den Zugriff auf ein Journalisten-Handy zu fordern, nämlich auf das Gerät von Presse -Redakteurin Anna Thalhammer. Am 10. Mai, also noch unter Innenminister Herbert Kickl (FPÖ), regten BAK-Mitarbeiter diese Maßnahme an. Am 1. Juli, als schon die parteilose Regierung im Amt war, erteilte die Justiz dem Plan eine Absage.
Schon am Mittwoch hatten Recherchen des STANDARD aufgedeckt, dass das BAK auch das Handy der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper durchsuchen wollte. Auch die Tageszeitung Österreich berichtete darüber. Die Maßnahme hätte somit als Angriff auf die Pressefreiheit und das freie Mandat beurteilt werden können. Auslöser der Pläne war ein Bericht in der Presse über etwaige Reformschritte im Verfassungsschutz. Im BVT vermutete man einen Maulwurf, das BAK wurde mit Ermittlungen beauftragt, kam jedoch nicht weiter. Deshalb fiel den Beamten die Beschlagnahmung der Smartphones als mögliche Lösung ein. In sozialen Medien zeigten sich viele Kollegen von Krisper und Thalhammer solidarisch. Presse -Chefredakteur Rainer Nowak sprach von einem "unerträglichen und völlig inakzeptablen Angriff auf die Pressefreiheit".
Türkis-blauer Schlagabtausch
Auch der damalige Minister Kickl gab sich "entsetzt". Er spielte den Ball an die ÖVP weiter, ressortierte das BAK doch zur türkisen Innenstaatssekretärin Karoline Edtstadler. Dem folgte ein Schlagabtausch zwischen den ehemaligen Koalitionspartnern, in den nacheinander ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer, dann dessen blaues Pendant Christian Hafenecker einstiegen.
Nehammer warf der FPÖ eine "Täter-Opfer-Umkehr" vor, attestierte Kickl "abstruse Verschwörungstheorien" und nannte seinen Verweis auf Edtstadler "verlogen". Hafenecker replizierte auf Nehammers "Wutzeilen", dass das Führungspersonal in BVT und BAK samt und sonders "von schwarzen Innenministern" ausgesucht worden war.
Die Neos forderten als Reaktion auf den versuchten Zugriff auf Krispers Smartphone nun eine Ausweitung der Immunität. Diese schützt Abgeordnete nur vor einer Anklage. Sind sie jedoch Zeugen, können sie in Abhörmaßnahmen geraten oder Betroffene von Beschlagnahmungen werden.
Die Pläne des BAK zeigen, dass das Innenministerium über die zahlreichen Berichte zu Mängeln im BVT unglücklich war. Diese Serie reißt allerdings nicht ab. Erst am Montag berichtete oe24.at darüber, dass ausländische Partnerdienste dem BVT erhebliche Sicherheitsmängel attestierten. Wegen des Artikels wird nun auch gegen oe24.at ermittelt.
Abwehramt ähnlich ungeschützt
Die Problematik dürfte aber nicht nur auf das BVT beschränkt sein. Wie aus dem Bundesheer zu hören ist, hat das hauseigene Abwehramt ähnliche Mängel: beispielsweise unvergitterte Fenster in oberen Stockwerken und zu wenig Personal, um ständig alle Bilder der Überwachungskameras im Auge zu behalten. Bislang konzentriert sich das Interesse der Politik aber auf den Verfassungsschutz, über den nun der Nationale Sicherheitsrat beraten soll. (Fabian Schmid, 14.11.2019)