Die Proben stammen von einer Expedition des Forschungsschiffs Tara Oceans.

Foto: Francois Aurat/Foundation Tara Ocean

Die Zukunft sieht für das Plankton der Polarmeere düster aus: Zwei neue Studien lassen annehmen, dass auf kalte Gewässer spezialisierte Organismen weniger anpassungsfähig sind als solche aus wärmeren Meeresregionen. Viele Arten des Polarmeer-Planktons dürften demnach im Zuge des Klimawandels verdrängt werden – mit Auswirkungen auf die marinen Ökosysteme, berichten Forscher im Fachblatt "Cell".

Plankton besteht beispielsweise aus Bakterien, Pilzen sowie pflanzlichen und tierischen Einzellern. Diese Mikroorganismen, die mit den Meeresströmungen durch die Weltmeere treiben, bilden die Basis der Nahrungsketten im Meer. Phytoplankton, allen voran Kieselalgen und Grünalgen, betreiben Fotosynthese und bilden damit Sauerstoff, außerdem binden sie Kohlenstoff und "schlucken" so einen Teil der CO2-Emissionen.

Umfangreiche Erhebungen

Um die Vielfalt des Planktons zu erforschen, umsegelte die "Tara Oceans"-Expedition von 2009 und 2013 die Welt und sammelte an 210 Stellen über alle Weltmeere hinweg rund 35.000 Wasserproben aus verschiedenen Wassertiefen. Ein internationales Forschungsteam berichtet nun von neuen Analysen der Daten aus dieser Expedition.

In zwei Studien beschreibt das Konsortium die globale Verteilung der Artenvielfalt, sowie der genetischen Vielfalt des Planktons. In einer Arbeit zeigen die Wissenschafter, dass die Artenvielfalt des Planktons über die Weltmeere hinweg ungleich verteilt ist. Obwohl die Ozeane ein einziges zusammenhängendes Ökosystem bilden, nimmt die Artenvielfalt des Planktons zu den Polen hin ab.

In der zweiten Studie untersuchten die Wissenschafter insbesondere die Bakterien und Archaeen, die Teil des Planktons sind. Dabei stellten sie fest, dass diese Mikroben in wärmeren Gewässern über einen größeren Genpool verfügen als jene in den Polarmeeren. Das mache sie flexibler, heißt es in einer Aussendung ETH Zürich, die an der Arbeit maßgeblich beteiligt war. Bei Bedarf könnten die Mikroben als Gemeinschaft verschiedene Gene ein- oder ausschalten und sich rasch an veränderte Bedingungen anpassen.

Verdrängte Spezialisten

Weil sie artenärmer und weniger genetisch divers seien, sei es für die Mikrobengemeinschaften der kälteren Meere aber schwierig, ihren Stoffwechsel an höhere Wassertemperaturen anzupassen. "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass sie stärker auf ihre spezifische Nische spezialisiert sein könnten", erklärte Shinichi Sunagawa von der ETH Zürich. Demnach könnten die Mikroben der kälteren Meeresregionen eines Tages von der Konkurrenz aus wärmeren Ozeanen verdrängt werden.

Ändert sich die Zusammensetzung des Planktons, ändert sich auch die Nahrungsgrundlage für Fische – und das hat auch Auswirkungen auf den Menschen. Gerade die nördlichen Meere sind wichtige Fischgründe. Die Folgen der Erwärmung des Meerwassers und der damit einhergehenden Veränderungen des Planktons für das gesamte Ökosystem seien schwer absehbar, hält das Forschungskonsortium fest. (red, APA, 17.11.2019)