Passen Türkis und Grün zusammen?

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Man kann Werner Kogler in dieser Frage kaum widersprechen: Es gebe gute Gründe, stillzuhalten – und nicht unausgegorenen Einzelmaßnahmen zuzustimmen, während Regierungsverhandlungen laufen. Denn ein koalitionär geschnürtes Gesamtpaket bringe mehr. Das erklärte der Grünen-Chef den Sozialdemokraten im Parlament, die mit schnell eingebrachten Anträgen gerade versuchen, die Grünen als Klimakillerpartei darzustellen.

Es stimmt: Es zählt das große Ganze. Und wenn dafür während der Koalitionsverhandlungen die beteiligten Parteien Rücksicht aufeinander nehmen, um später insgesamt mehr zu erreichen, soll es so sein.

Wenn es denn so wäre. Denn gleichberechtigt, zumindest entsteht dieser Eindruck, passiert diese Rücksichtnahme nicht. Zumindest konnte bei der Volkspartei noch niemand große Zurückhaltung in politischen Ansagen beobachten. Im Gegenteil: Parteichef Sebastian Kurz richtet den Grünen aus, dass er weiterhin eine Mitte-rechts-Politik machen wolle. Sein Koalitionspartner müsse da mitmachen.

Signal der Erneuerung

Dabei ist die Verhandlungsposition der Grünen besser, als es auf den ersten Blick scheint: Weder mit SPÖ noch mit der FPÖ will die Volkspartei wirklich koalieren. Koglers Partei ist zwar bedeutend kleiner als ihr Koalitionspartner in spe, eine Koalition mit ihr gilt aber als Signal der Erneuerung. Ja, Sebastian Kurz ist gut im Taktieren – doch auch Kogler kann hier zeigen, was er kann.

Sich streichelweich zu geben schadet jedenfalls der Durchsetzung grüner Positionen. Die Partei täte gut daran, sich einen dritten Weg zu überlegen. Denn aus ihrer Sicht ist zwar alles besser als Türkis-Blau, diesen Gedanken hat Kogler selbst artikuliert. Doch sie sollten sich nicht über den Tisch ziehen lassen. Die vielzitierte Verantwortungsethik hat Grenzen.

Die Grünen befinden sich in einer guten Position, um kreativ zu sein, das sollten sie nutzen. Ihre Anhänger sind dogmatisch, aber nur, was das Ergebnis betrifft. Wie der Weg zu mehr Klimaschutz im Detail aussieht, ist zweitrangig. Das bietet Türkis-Grün die Möglichkeit, nicht nur Positionen zu vergleichen und den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden, sondern Lösungen zu entwickeln, die den Interessen beider Parteien gerecht werden. Wie die ausschauen, ist unklar. Ob sie gefunden werden können, ebenfalls. Durch das Wegducken vor Konflikten hat noch niemand politische Erfolge gefeiert. (Sebastian Fellner, 14.11.2019)