In einem offenen Brief hatten fünf Künstlerinnen Gustav Kuhn, dem ehemaligen künstlerischen Leiter von Erl, "anhaltenden Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe" während ihrer früheren Engagements vorgeworfen.

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Erl – Im September war publik geworden, dass die Innsbrucker Staatsanwaltschaft in der Causa Erl weiter ermitteln muss. Das Justizministerium hatte weitere Erhebungen in Auftrag gegeben, nachdem die Anklagebehörde im Mai die Ermittlungen eigentlich abgeschlossen hatte. Ein Grund hierfür war der Bericht der Gleichbehandlungskommission, aus der die "ZiB2" am Donnerstag erstmals konkret zitierte.

Die Gleichbehandlungskommission hatte in ihrem Gutachten festgestellt, dass eine sexuelle Belästigung durch den mittlerweile aus dem Amt geschiedenen künstlerischen Leiter von Erl, Gustav Kuhn, stattgefunden habe. Konkret heißt es laut ZiB2 im Bericht: "Die Antragstellerin konnte die Vorwürfe der sexuellen Belästigung [...] glaubhaft darlegen. Zudem machte die Antragstellerin einen sehr betroffenen Eindruck, sie wirkte ehrlich verletzt."

Kuhn widerspricht Vorwürfen

Anders fällt die Beurteilung von Kuhn aus: "Herr Prof. Dr. Kuhn [...] konnte den Senat nicht überzeugen, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen." Kuhn ließ hierzu über seinen Anwalt mitteilen, dass er bei seiner Position bleibe, dass die von fünf Sängerinnen erhobenen Vorwürfe unwahr seien.

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck wollte laut ZiB2 das Verfahren eigentlich einstellen. Nun rechne man seitens der öffentlichen Anklagebehörde damit, die Ermittlungen bis Mitte Dezember abzuschließen. Danach muss erneut ein Vorhabensbericht an das Justizministerium ergehen.

Offener Brief

Nachdem der Inhalt des Berichts der Gleichbehandlungskommission veröffentlicht wurde, forderten die betroffenen Frauen am Freitag eine öffentliche Entschuldigung "vonseiten der Tiroler Festspiele Erl Privatstiftung sowie von der Tiroler Festspiele Erl Betriebsges.m.b.H. als deren operativem Organ, für den in Ihrem Unternehmen stattgefundenen und von Ihnen über Jahre geduldeten Machtmissbrauch Ihres Intendanten". Das schrieben die Künstlerinnen in einem an Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP), Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner und den Sektionsleiter im Bundeskanzleramt, Jürgen Meindl, gerichteten Offenen Brief.

Der Stiftungsrat der Tiroler Festspiele Erl erklärte allerdings, dass es keine offizielle Entschuldigung von seiner Seite geben werde. "Entschuldigen muss sich der, der es getan hat", sagte Landesrätin und Mitglied des Stiftungsvorstandes Beate Palfrader (ÖVP) am Freitag.

Die Causa Erl war im Februar 2018 ins Rollen gekommen. Der Tiroler Blogger Markus Wilhelm veröffentlichte damals Vorwürfe der sexuellen Belästigung und des Machtmissbrauchs gegen Kuhn. In einem offenen Brief warfen fünf Künstlerinnen dem Dirigenten schließlich namentlich "anhaltenden Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe" während ihrer früheren Engagements vor. Kuhn bestritt die Vorwürfe, stellte im Sommer 2018 aber seine langjährige Funktion als künstlerischer Leiter der Tiroler Festspiele Erl bis zur vollständigen Klärung der Vorwürfe ruhend. Im Oktober legte er dann alle seine Funktionen zurück. (APA, 14.11.2019)