Gold und sogenannte Kryptoassets sind die üblichen Aufhänger für Anlagebetrügereien wie Pyramidenspiele. Am Ende kommt für die meisten Anleger ein böses Erwachen.
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Das Anfang des Vorjahres aufgeflogene, mutmaßliche Pyramidenspiel Optioment war offenbar nur die Spitze des Eisbergs. Dabei werden Anleger zunächst durch Zuflüsse neuer Investoren bedient, bis das System schließlich kollabiert. Tausende Anleger hatten sich im konkreten Fall von außerordentlich hohen Zinsversprechen für Investments in die Kryptowährung Bitcoin anlocken lassen, ihr Geld über Optioment veranlagt – und es letztlich verloren. Die Bitcoins im damaligen Wert von insgesamt fast 100 Millionen Euro waren ebenso verschwunden wie die beiden angeblichen Drahtzieher von Optioment.

Es folgten weitere vergleichbare Fälle. Auf eine ähnlich große Schadenssumme kommt eine internationale Tätergruppe, die mit hochspekulativen Finanzprodukten wie binären Optionen ebenfalls tausende Anleger um mehrere Hundert Millionen Euro geprellt haben soll. Ein beträchtlicher Teil davon entfiel auf Personen aus Österreich und Deutschland. Zu zwei weiteren Verdachtsfällen kam es zuletzt in Deutschland, und zwar im Zusammenhang mit dem als sicher geltenden Edelmetall Gold.

"Spürbare Steigerung"

Tritt tatsächlich eine Häufung von mutmaßlichen Anlagebetrügereien auf? "Ja, die Anlegerbeschwerden haben merklich zugenommen", sagt Klaus Grubelnik, Sprecher der Finanzmarktaufsicht FMA. "Es gibt eine spürbare Steigerung." Eine Ursache dieser Entwicklung sieht er in dem anhaltenden Niedrigzinsumfeld. Anleger würden bei der Suche nach höher verzinsten Investitionsmöglichkeiten auch auf Angebote mit betrügerischer Absicht hereinfallen. Mit schmerzhaften Folgen für die betroffenen Investoren: Einer FMA-Erhebung zufolge liegt die durchschnittliche Schadenssumme für Kleinanleger bei rund 25.000 Euro pro Person.

Wegen der andauernden Zinsflaute begeben sich Sparer auf die Suche nach lukrativen Alternativen – und gehen dabei mitunter auch Betrügern auf den Leim.
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Mehr als die Hälfte der Beschwerden betrifft laut Grubelnik Kryptoassets, weil es in diesem Bereich fast keine bis gar keine Regulierung und Aufsicht gebe. Dabei handelt es sich um Kryptowährungen oder sogenannte Token, die digitale Wertpapiere abbilden sollen. Ein leitender Mitarbeiter des Bundeskriminalamts mutmaßte im Frühjahr, dass bei der Neuausgabe von Kryptoassets "mindestens 80, wenn nicht 90 Prozent" der Fälle einen betrügerischen Hintergrund hätten.

Aber auch Gold wird Grubelnik zufolge oft für Anlagebetrug genutzt. Die meisten Menschen hielten das Edelmetall nicht nur für attraktiv, sondern würden damit auch große Stabilität verbinden. Tatsächlich sei es aber mitunter so, dass das angeblich zur Deckung der Ansprüche hinterlegte Gold gar nicht oder nur teilweise existiere. Wirklich sicher ist aber nur der physische Besitz von Gold.

Von Gold geblendet

Die jüngsten Fälle: Im Oktober meldete die deutsche PIM Gold samt der Vertriebsfirma Premium Gold Deutschland Insolvenz an, nachdem es zuvor zu Hausdurchsuchungen und einer Festnahme gekommen war. Laut dem Insolvenzverwalter sind mindestens 10.000 Anleger, hauptsächlich Kleininvestoren, betroffen, die der Anziehungskraft eines Goldinvestments, das noch dazu Zinsen abwerfen soll, nicht widerstehen konnten.

Auch in diesem Fall steht der Verdacht im Raum, dass die Betroffenen ebenfalls auf ein Schneeballsystem hereingefallen sind. Rund 3,38 Tonnen Gold mit einem Marktwert von etwa 150 Millionen Euro sollen Anleger in den vergangenen zehn Jahren über die PIM Gold erworben haben, laut dem Masseverwalter konnte aber nur eine halbe Tonne sichergestellt werden. Ihm zufolge werde es noch dauern bis die genaue Anzahl der Geschädigten und die Schadenssumme feststehen – bis zur Auszahlung einer möglichen Quote dürften sogar einige Jahre vergehen.

Der neueste Fall dreht sich um den Stuttgarter Goldhändler Karatbars. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat laut einem Handelsblatt-Bericht den Vertrieb der goldgedeckten Kryptowährung Karatgold Coin (KBC) gestoppt, da das Unternehmen in Deutschland Geschäfte mit elektronischem Geld ohne Erlaubnis durchgeführt habe. Über eine Stiftung in Belize hatte die Gruppe zwölf Milliarden KBC ausgegeben, die wie Kryptogeld einsetzbar sein und die Sicherheit von Gold besitzen sollen. Die laut Firmenangaben bisher eingesammelten 100 Millionen Euro müssen nun an die Anleger zurückgezahlt werden. Der Firmenchef stuft die Rechtslage offenbar anders ein und kündigte an, der Bafin-Anweisung keine Folge leisten zu wollen.

Im Februar präsentierte Karatbars-Gründer Harald Seiz, ein ehemaliger Staubsaugervertreter, in Berlin sein Buch "Thing Big". Untertitel: Wie Sie aus einer großartigen Idee ein weltweites Imperium machen.
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Ob das Geld überhaupt vorhanden ist, bleibt zunächst offen, zumal laut dem Bericht auch die Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen Betrugs ermittelt. Der Kurs der Kryptowährung KBC ist seit Sommer jedenfalls von mehr als 12,6 US-Cent auf nunmehr rund 2,2 Cent abgesackt – ein Verlust von mehr als 80 Prozent.

Zurück zum Pyramidenspiel Optioment, bei dem sich die Aufarbeitung offenbar ziemlich holprig und langwierig gestaltet. "Die Ermittlungen in der Causa Optioment laufen nach wie vor", erklärt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mehr als eineinhalb Jahre nach Auffliegen des Falls. Auf Nachfrage, ob weiterhin gegen elf Personen ermittelt werde, heißt es knapp: "An der Personenanzahl hat sich nichts geändert." (Alexander Hahn, 17.11.2019)