Die vom Land Tirol und von der Diözese Innsbruck mit der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gegen das frühere Mädchenheim Martinsbühel in Zirl betraute Kommission hat ihre Arbeit ausgeweitet.

Foto: Regine Hendrich

Innsbruck/Zirl – Die vom Land Tirol und von der Diözese Innsbruck mit der Aufarbeitung der Missbrauchsvorwürfe gegen das frühere Mädchenheim Martinsbühel in Zirl betraute Kommission hat ihre Arbeit ausgeweitet. Demnach sollen alle nichtöffentlichen/konfessionellen Heime untersucht und in eine systemische Zusammenschau eingebunden werden, teilte das Land am Freitag mit.

"Systemische Zusammenschau"

Bei der Aufarbeitung der Vorkommnisse in Martinsbühel gehe es um die Beleuchtung jener Strukturen, die solche Geschehnisse überhaupt erst ermöglichen, sind wir mit der Kommission übereingekommen, erklärten Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP), Landesrätin Gabriele Fischer (Grüne) und Bischof Hermann Glettler unisono. Deshalb habe die Kommission entschieden, alle nichtöffentlichen und konfessionellen Heime in einer Gesamtschau darzustellen, die in der bisherigen, vom Land Tirol beziehungsweise den Ländern Tirol und Vorarlberg finanzierten Aufarbeitung der Jugendfürsorge und Heimerziehung nicht berücksichtigt wurden. Für die Erweiterung des Arbeitsauftrages werden vom Land Tirol und der Diözese Innsbruck zusätzliche Finanzmittel in der Höhe von je 125.000 Euro zur Verfügung gestellt.

Durch die Ausweitung der Untersuchungen soll eine "systemische Zusammenschau" ermöglicht werden, was in den unterschiedlichen Tiroler Erziehungs- und Pflegeheimen vorgefallen ist, wer für die Zuweisung, Begleitung und Kontrolle verantwortlich war und vor allem unter welchen Bedingungen in den entsprechenden Institutionen gearbeitet werden musste, hieß es. Neben dem Mädchenheim Martinsbühel wird die Dreierkommission das Erziehungsheim Scharnitz, die Bubenburg St. Josef in Fügen, das Haus St. Josef in Mils und das Josefinum in Volders miteinbeziehen.

Zwischenbericht

Im Zwischenbericht der Dreierkommission hieß es außerdem, dass mittlerweile Einsicht in die noch vorhandenen Überlieferungen des Heimes Martinsbühel genommen werden konnte. Darüber hinaus sei Kontakt mit dem Mutterkloster der Benediktinerinnen in der Schweiz aufgenommen worden.

In einer offiziellen Stellungnahme dieser für die ehemaligen Schwestern von Martinsbühel und Scharnitz Verantwortlichen, die Bischof Glettler vorliege, sei der Kommission die volle Unterstützung für ihre Arbeit zugesichert worden. Außerdem bat die aktuell zuständige Oberin des Frauenklosters Melchtal um Entschuldigung für die Vorfälle in den Heimen.

DER STANDARD begleitete im Dezember 2018 eine frühere Heiminsassin an den Schauplatz des Verbrechens in Martinsbühel. Die Reportage trug den Titel: Missbrauch im Kinderheim: Falltür auf, Kind rein, Falltür zu. (APA, red, 15.11.2019)