Dickie Arbiter ist schockiert: Die neue Staffel von The Crown deutet ein Naheverhältnis der Queen zum royalen Rennmanager Henry Lord Porchester, geborener Henry George Reginald Molyneux Herbert und 7th Earl of Carnavaron, kurz Porchie, an. Für den ehemaligen Pressesprecher der echten Elizabeth ist das eine geschmacklose Majestätsbeleidigung.

Solche Entrüstung ist den Machern des Serienkults The Crown nicht neu. Das Königshaus sah schon einmal den ehrenwerten Journalisten Hugo Vickers angepatzt. Er schrieb sogar ein Buch über mangelnde Faktentreue der Serie. Episode für Episode listete Vickers aus seiner Sicht Fehler der Erzähler auf. Falsch fand er Farbtöne von Autos („nicht so rot“) oder auch angeblich erfundene Reaktionen: „Die Königinmutter weinte nicht hysterisch, als sie vom Tod des Königs erfuhr.“ Besonders unanständig fand Vickers die Darstellung von Prinz Philip als „Bösewicht“. Was Dickie Arbiter und Hugo Vickers eigentlich sagen wollen: The Crown ist nicht irgendeine Serie.

Sie haben Recht: Kommenden Sonntag geht die derzeit prächtigste, ausstattungsintensivste und akkuratest recherchierte Historienserie über die für viele faszinierendste und rätselhafteste Familie der Welt in die dritte Saison. Der Versuch einer Einordnung in zehn Episoden.

Was bisher geschah

The Crown erzählt das Leben von Queen Elizabeth II ab 1947. Die erst 25-jährige Prinzessin übernimmt nach dem Tod ihres Vaters George VI. die Krone und muss in ihre neue Rolle hineinwachsen. Skeptisch beäugt wird sie dabei von Teilen des Hofstabs, standhaft beraten von Premierminister Winston Churchill, rebellisch gefordert von ihrem Ehemann Prinz Philip. Affären und Skandale erhalten viel Platz, etwa jene um die ungleiche Schwester Margaret.

Olivia Colman ist die neue "Queen".
Foto: Netflix

Was die neue Staffel bringt

Die neuen Folgen steigen im Jahr 1964 ein, Zeit des Umbruchs. England steckt in der Krise, die Labour Party gewinnt die Wahlen, Harold Wilson wird Premierminister und ist mit dem Misstrauen des Königshauses – inklusive Queen – konfrontiert. Für die inzwischen 38-jährige Regentin bleiben es Jahre des Lernens, etwa, dass man trotz Krone aus Staatsräson manchmal zu himmelschreienden Ungerechtigkeiten schweigen muss. Ebenso muss das Volk mit emotionalen Defiziten ihrer Königin leben lernen. Prinz Charles verliebt sich in Camilla, Diana Spencer hat ihren ersten Auftritt. Princess Margaret will es noch einmal wissen. Politisch wandelt man durch unsichere Zeiten: Spionage, drohender Staatsbankrott, das Kohleunglück in Wales, Streiks, Proteste, Komplotte dominieren die Zeit.

Olivia Colman als Queen und Tobias Menzies als neuer Prinz Philip.
Foto: Netflix

Die handelnden Personen

Claire Foy war die junge Queen, ab der dritten Staffel übernimmt Oscarpreisträgerin Olivia Colman (The Favourite). Matt Smith war der junge Philip, jetzt spielt ihn Tobias Menzies. Neu im Team sind Helena Bonham-Carter (Margaret), Erin Doherty (Ann) und Josh O’Connor (Charles).

Erin Doherty spielt Prinzessin Anne.
Foto: Netflix

Was sagt die Queen?

Weder von Queen Elizabeth II noch von Prinz Philip ist bekannt, ob sie über ein Netflix-Abo verfügen. Nichtsdestotrotz sind sie sich des Hypes „sehr, sehr bewusst“. Das berichtet der für gewöhnlich bestens informierte Peter Morgan, Autor von The Crown. Die zweite Queen, Olivia Colman, berichtet von einem Treffen mit Prinz William, bei dem sie diesen fragte, ob er die Serie schaue, was dieser verneinte. „Es lief nicht so gut“, sagte Colman.

Josh O’Connor spielt Prinz Charles.
Foto: Netflix

Moment! Peter Morgan, von dem auch „The Queen“ stammt?

Genau der. Der britische Autor hat nicht nur das Oscar-nominierte Skript zu Die Queen geschrieben, sondern auch das Drehbuch zur Erfolgsserie The Crown. Erfolge feierte er zuletzt als Autor von Bohemian Rhapsody.

Peter Morgan schrieb das Drehbuch zu allen drei Staffeln von "The Crown".
Foto: Netflix

Was bedeutet die Serie für Netflix?

Die dritte Staffel kommt zum besten Zeitpunkt. Mit Apple TV+ und Disney+ machen seit kurzem zwei mächtige Konkurrenten den Streamingmarkt dichter. Eigenproduktionen, mit denen man Image pflegt, sind da Gold wert. The Crown gilt als Netflix’ teuerste Serie. Allein die erste Staffel soll 110 Millionen Euro gekostet haben.

Netflix

Für wen sich das Schauen lohnt

Freunde opulent ausgestatteter Serienware dürften sich gut unterhalten. Passen müsste es auch für jene, die sich schon an der Onedin Linie und Das Haus am Eaton Placenicht sattsehen konnten. Trotz Schlüssellochpositionen ins Privatleben der Royals und romantischer Fahrten durch die Landschaft: The Crown ist nicht bloß Seifenopfer – liebevoll erzählte Figuren, vielschichtige Stories und ein exklusiver Blick auf die historischen Ereignisse des Empires mit fantastischem Ensemble.

Kann man den Brexit mit „The Crown“ besser verstehen?

Die Historie wird aus der Perspektive des Königshauses erzählt. Also: nope.

Wie geht’s weiter?

Laut Netflix soll die Serie am Ende sechs Jahrzehnte umfassen. Im Mittelpunkt der vierten Staffel soll die Geschichte zwischen Charles und Diana stehen.

Und was war nun mit Rittmeister Porchie?

Das wissen wahrscheinlich nur die Queen und Porchie selbst. Erzählen lässt sich also nur, was die Serie zeigt. Achtung, Spoiler! Folge fünf zeigt das Land in der Krise: Ein Millionen Pfund schweres Defizit drückt den Staatshaushalt, die pferdenärrische Queen besichtigt Rennställe („Fact Finding Mission“) mit Porchie. Während sich daheim die Ereignisse zuspitzen, erlebt sie das Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde.

Beim Dinner mit Porchie zieht sie Bilanz ihres „ungeliebten Lebens“. Porchie wirkt überrascht, da wird die Queen zum Telefon gerufen, erfährt vom geplanten Staatsstreich gegen die Regierung und erklärt den Abend mit den Worten für beendet: „Trink aus, Porchie, wir fahren nach Hause.“ Am Ende küssen sie sich. Prinz Philip und die Queen Elizabeth in Buckingham Palace. Das war’s. (Doris Priesching, 16.11.2019)

Korrektur: In einer früheren Version war Erin Doherty Queen Anne, richtig ist natürlich Princess. Es kann nur eine geben. (prie)