Innenminister Wolfgang Peschorn lässt BAK und BVT prüfen – und Ermittlungen gegen einen Journalisten.

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In der Herrengasse ist man "stinksauer", und zwar auf die eigenen Kollegen. Denn als am Dienstag erstmals ruchbar wurde, dass Korruptionsfahnder die Handys einer Journalistin und einer Abgeordneten beschlagnahmen wollten, agierte die betroffene Stelle alles andere als kooperativ. Zwar gestand das zuständige Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) rasch ein, dass man das Smartphone der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper im Visier hatte; bezüglich des Geräts der "Presse"-Journalistin Anna Thalhammer gab man sich aber unwissend. Wenige Stunden später war klar: In der "Anregung" für die Beschlagnahmung der Handys, die in die Ära von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) fiel, wurden Thalhammer und Krisper in einem Atemzug genannt, ebenso in der Ablehnung dieser Maßnahme durch die Staatsanwaltschaft Wien.

Warum das BAK anfangs nur die eine Anregung bestätigte, die andere aber nicht, wollen nun Innenminister Wolfgang Peschorn und sein Kabinett herausfinden. Sie haben eine Prüfung durch die unabhängige Rechtsschutzkommission in Auftrag gegeben.

Audit im BVT

Auch im BVT wird geprüft: Peschorn schickt den Salzburger Landespolizeidirektor Franz Ruf in das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), um dort ein großflächiges "Audit" durchführen zu lassen. Ruf soll aber nicht nur generell die Situation im Verfassungsschutz unter die Lupe nehmen, sondern dabei gleich einen Maulwurf finden, der heikles Material an "oe24.at" weitergegeben hat. Dabei handelt es sich um einen sogenannten "Visitationsbericht" von Partnerdiensten. Ausländische Nachrichtendienste hatten in den vergangenen Monaten das BVT besucht, um es auf seine Sicherheitsvorkehrungen zu prüfen.

Strafrechtliche Prüfung

Daraus entstand ein Bericht, der dem Berner Club – einem informellen Zusammenschluss europäischer Nachrichtendienste – vorgelegt wurde. Darin war zu lesen, wie leicht man das BVT hacken oder physisch in dessen Hauptsitz eindringen könnte. Dieser Bericht erschien ausführlich auf "oe24.at", was in Sicherheitskreisen für großen Unmut sorgte. Nach einer Intervention des Innenministeriums entfernte "oe24.at" dann große Teile des Visitationsberichts von seiner Website.

Nun steht die Frage im Raum, ob nicht sogar "oe24.at"-Chefredakteur Richard Schmitt dafür strafrechtlich verfolgt werden könnte. Das Innenministerium hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien geschickt. Diese bestätigte den Eingang und ihre Prüfung.

Möglich wäre, dass Schmitt des "Verrats von Staatsgeheimnissen" verdächtigt wird – mit der Argumentation, er habe nicht nur journalistisch über Inhalte berichtet, sondern diese ungeschwärzt online gestellt. Die strafrechtliche Verfolgung eines Journalisten würde allerdings zu einem ähnlichen Aufschrei wie die geplante Beschlagnahmung der Journalisten- und Abgeordnetenhandys führen. Die Entscheidung über ein Verfahren liegt jedoch nicht im Innenministerium, sondern bei der Justiz.

Hickhack zwischen FPÖ und ÖVP

"Offenbar zählt hier nur der Zeitpunkt. Was unter Peschorn geschieht, ist gut. Was unter Kickl geschah, ist böse", sagte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Angeblich soll es bereits Gerüchte über eine etwaige Hausdurchsuchung bei "Österreich", dessen Onlineausgabe "oe24.at" oder Privatwohnungen von Redakteuren geben. Derartige Befürchtungen hatte es nach einer Reihe von Berichten über Interna aus dem BVT auch im Frühjahr 2018 gegeben. Politisch haben einander in der Causa Handybeschlagnahmung vor allem FPÖ und ÖVP befetzt.

Kickl verwies in einer ersten Reaktion darauf, dass das BAK, das die Anregung gab, zur türkisen Staatssekretärin Karoline Edtstadler ressortierte. Das nannte wiederum ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer "verlogen". Am Freitag reagierte Edtstadler selbst, die mittlerweile EU-Abgeordnete ist. Sie kündigte Klagen an, sollte jemand wiederholt behaupten, sie habe von der Anregung des BAK gewusst. Kickl gab an, er hätte die Vorgänge auch gestoppt, hätte er davon erfahren.

Peschorn hat nun auch Aufklärung in diesem Fall versprochen. Zeitnah soll das BAK berichten, wer wann über den Vorschlag der Korruptionsfahnder informiert gewesen ist. Regierungssprecher Alexander Winterstein ließ einstweilen ausrichten, dass "jede Einschränkung der Pressefreiheit völlig inakzeptabel" sei. (Fabian Schmid, 15.11.2019)