Australische Fleischameisen (Iridomyrmex purpureus) geben sich Mühe, effiziente Straßen zu errichten.

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Im Experiment mit künstlichem Papiergras zeigte sich, dass es den Insekten um den kürzest möglichen Weg geht.

Foto: Felix Oberhauser

Wenn wir Menschen Straßen bauen, dann, um möglichst schnell von A nach B zu gelangen. In dieser Hinsicht haben wir mit Ameisen anscheinend einiges gemeinsam. Auch diese Insekten nutzen gleichsam Straßen – bevorzugt dann, wenn diese ihre Wege stark verkürzen. Was schon länger vermutet wurde, konnte nun von Biologen der Universität Regensburg bestätigt werden.

Der Straßenbau ist nicht allein dem Menschen vorbehalten, auch einige Ameisenarten konstruieren Straßen, indem sie Unrat und Vegetation aus dem Weg räumen. Solche Wege ermöglichen nicht nur ein rasches Vorankommen, sondern führen auch unerfahrene Arbeiterinnen zu ihren Destinationen und ermöglichen ein schnelles Rekrutieren von Verstärkung im Falle eines Territorialkonfliktes mit anderen Ameisenkolonien. Ebenso wie bei uns Menschen binden diese Straßen allerdings auch Ressourcen: Zunächst müssen die Ameisen die Straßen erbauen, die es dann auch zu erhalten gilt.

Sind Ameisenstraßen überhaupt nötig?

Australische Fleischameisen (Iridomyrmex purpureus) etwa schneiden Pfade durch das umliegende Gras, um ihre Nester effizient zu verbinden und Futterbäume zu erschließen. Ob Ameisen diese Straßen allerdings nur bauen, wenn sie tatsächlich notwendig sind, war bisher noch unklar. Wissenschafter der Universität Regensburg haben daher in Kooperation mit der Universität Sydney untersucht, ob australische Fleischameisen den Bau von Straßen von möglichen Alternativrouten abhängig machen.

Dazu wurde eine künstliche Rasenmatte bestehend aus 300 lasergeschnittenen Papiergräsern zwischen dem Nest und einer Zuckerlösung platziert. Dieses Hindernis wurde nun entweder von einer kurzen Wand flankiert, die die Ameisen leicht umgehen konnten, oder von einer sehr langen Wand, welche die Ameisen zu einem langen Umweg zwang.

"Dieser Experimentalaufbau erlaubte uns, die kollektive Entscheidungsfähigkeit von Ameisen zu testen", so Felix Oberhauser, der die im "Journal of Experimental Biology" veröffentlichte durchführte. "Wenn Ameisenkolonien in der Lage sind, ihren Straßenbau zu optimieren, sollten sie vor allem einen Pfad durch die Papiergräser schneiden, wenn die Alternativroute sehr lange ist."

Effiziente Umwege

Genau das konnten die Regensburger Biologen zeigen: Viele Ameisenkolonien entschieden sich für die Umgehung der Papier-Grashalme, wenn diese kurz war, schnitten bei langen Umwegen aber eifrig eine Straße durch das Hindernis. "Durch Analysen konnten wir zudem herausfinden, dass Ameisen schmale Pfade durch das Hindernis schnitten, die über die Zeit breiter wurden. Wie ein Fluss, der sich sein Bett durch den Boden bahnt", so Tomer Czaczkes, der die Studie leitete.

"Der nächste Schritt ist, die Verhaltensmuster auszumachen, die solche Pfade ermöglichen". Das Wissen um die Gemeinsamkeiten im Straßenbau von Menschen und Ameisen ermöglicht es uns zu verstehen, wann und warum Straßen konstruiert werden und weshalb aktiver Straßenbau so selten im Tierreich zu finden ist. (red, 16.11.2019)