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Laut der Opposition kam es bei der Wahl im Lauf des Tages zu mehr als 500 Unregelmäßigkeiten.

Foto: AP Sergei Grits

Minsk – Begleitet von massiven Betrugsvorwürfen der Opposition ist in Weißrussland am Sonntag ein neues Parlament gewählt worden. Bis zum Nachmittag meldeten die Oppositionsparteien mehr als 500 Unregelmäßigkeiten. Staatschef Alexander Lukaschenko bestätigte bei seiner Stimmabgabe in Minsk offiziell seine Kandidatur für eine neue Amtszeit. Die Präsidentenwahl dürfte im August 2020 stattfinden.

Die Opposition kritisierte, die Verantwortlichen in den Wahllokalen hätten vor allem die Zahl der Wähler höher angegeben als von Wahlbeobachtern gezählt. Menschenrechtsaktivisten wurden nach eigenen Angaben aus den Wahllokalen vertrieben, in ihrer Arbeit als Wahlbeobachter behindert und am Fotografieren gehindert.

6,9 Millionen Wahlberechtigte

Zur Wahl der 110 Unterhausabgeordneten waren 6,9 Millionen Menschen aufgerufen. Nach Angaben der Behörden gaben mehr als 35 Prozent von ihnen bereits im Vorfeld per Briefwahl ihre Stimme ab. Die Wahlbeteiligung lag am frühen Nachmittag bei mehr als 50 Prozent. Die Wahlkommission in Minsk erklärte die Abstimmung damit für gültig.

Präsident Alexander Lukaschenko, der die ehemalige Sowjetrepublik seit 1994 und damit seit einem Vierteljahrhundert autoritär regiert, sagte bei der Stimmabgabe, wenn die Gesellschaft nicht einverstanden damit sei, wie er die Wahl organisiere, "können sie nächstes Jahr einen neuen wählen". Er selbst klammere sich nicht an das Amt. " Zugleich bestätigte er seine erneute Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2020.

Er klebe nicht an seinem Sessel, sagte Lukaschenko, der so lange an der Macht ist wie niemand sonst in Europa. Die Entscheidung liege bei den Wählern, sagte er der Staatsagentur Belta zufolge. Eine neue Amtszeit für ihn liefe dann bis 2025. Mögliche andere Kandidaten gelten als chancenlos. Das Land, das als einziges auf dem europäischen Kontinent noch die Todesstrafe vollstreckt, ist wirtschaftlich von Russland abhängig. Lukaschenko betonte, dass er Versuchen widerstehen werde, sein Land von Russland einverleiben zu lassen. Belarus bleibe ein souveräner Staat, betonte er.

Macht festigen

Der Präsident wollte mit der vorgezogenen Parlamentswahl seine Macht festigen. Regulär hätte erst 2020 gewählt werden sollen. Internationale Wahlbeobachter kritisieren die Wahlen in Belarus immer wieder als nicht demokratisch. Schon im Vorfeld machten sie deutlich, dass es in dem Land mit gleichgeschalteten Staatsmedien und fehlender Parteienvielfalt keinen freien Wahlkampf gebe. Bisher sind unter den 110 Abgeordneten lediglich zwei Frauen, die sich der Opposition zurechnen. Sie gelten als weitgehend isoliert in der Öffentlichkeit.

Lukaschenko war in den vergangenen Jahren bemüht, die Beziehungen zum Westen zu verbessern, der ihm immer wieder die Missachtung der Menschenrechte und die Einschüchterung der Opposition und der Medien vorwirft. Vor wenigen Tagen war er in Österreich und damit erstmals seit drei Jahren in einem EU-Land. Er wurde von Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Hofburg empfangen. Er traf auch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka und informell ÖVP-Parteichef Sebastian Kurz. Bei dem Besuch in Wien sprach er sich für engere politische und wirtschaftliche Verbindungen aus.

400 Wahlbeobachter von OSZE

Eine EU-Sprecherin hatte zuvor bereits angekündigt, Europa werde die Wahl genau verfolgen und hoffe auf "gerechte und transparente Wahlen unter Einhaltung der internationalen Standards". Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat 400 Wahlbeobachter entsandt. (APA, 17.11.2019)