Die FPÖ – sitzend zu sehen Klubobmann Herbert Kickl und Parteichef Norbert Hofer – sieht die ÖVP unter Sebastian Kurz (stehend) an "fast allen aktuellen Affären" beteiligt

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Wien – Egal, wie die Wahl ausgeht, der BVT-U-Ausschuss soll fortgeführt werden, sagte im Sommer der damalige FPÖ-Nationalratsabgeordnete Hans-Jörg Jenewein. Er wollte in der Abschluss-Pressekonferenz sogar einen Notar herbeiholen, um seine Kollegen im BVT-U-Ausschuss zu dessen Fortführung nach der Nationalratswahl zu verpflichten. Zu viele Themengebiete waren aus Sicht der Freiheitlichen noch offen, zu viele Fragen blieben unbeantwortet – was umgekehrt aus Sicht von SPÖ, Neos und Liste Jetzt auch mit Blick auf die Ära des Innenministers Herbert Kickl galt. Doch notariell wurde keine Fortsetzung der Untersuchung vereinbart, es blieb bei Willensbekundungen. Nun hat der STANDARD alle im Parlament vertretenen Parteien gefragt, wie es denn um einen weiteren Untersuchungsausschuss steht. Die Antwort ist glasklar: Mit Ausnahme der ÖVP zeigen sich alle Parteien offen für einen weiteren U-Ausschuss.

FPÖ: "Fast alle Affären drehen sich um ÖVP"

Etwa die FPÖ. Dort heißt es, dass es vieles zu untersuchen gäbe, "von offenbar notorischen Weisungsproblemen in der Justiz bis hin zur Soko Ibiza". Politische Postenbesetzungen seien "insbesondere in den langjährigen ÖVP-Machtsphären praktisch überall ein drängendes Thema". Daher sieht der FPÖ-Klub "nur die ÖVP nicht als Teil einer möglichen Allianz", denn "um deren politische Verantwortung drehen sich schließlich fast alle aktuellen Affären".

Die SPÖ will sich hingegen in einem weiteren U-Ausschuss auf offene Fragen zum Verfassungsschutz konzentrieren. Sie verweist auf jenen neuen Bericht ausländischer Nachrichtendienste, der dem BVT gravierende Sicherheitslücken attestiert. "Zusätzlich soll der U-Ausschuss zur Vorbereitung einer umfassenden Reform des BVT genutzt werden", heißt es aus dem SPÖ-Klub.

Neos: "Fäden laufen im Finanzministerium" zusammen

Die Neos wollen hingegen einen Fokus auf Postenbesetzungen und Korruption legen, also direkt das Handeln der türkis-blauen Regierung ins Visier nehmen. "Von Casino Austria über die ÖBAG bis hin zur Nationalbank – die Fäden laufen immer im Finanzministerium zusammen", so die Neos. Sie erwarten sich dabei "eine entsprechende Unterstützung von der SPÖ". Die Grünen zeigten sich in den vergangenen Tagen durchaus geneigt, derartige U-Ausschüsse zu unterstützen.

"Ob Sondersitzung oder U-Ausschuss: Da sind wir ganz offen und gehen auf die anderen Fraktionen zu", so Parteichef Werner Kogler am Freitag im STANDARD-Gespräch über die Casinos-Affäre. Auch ein zweiter BVT-Ausschuss sei "überlegenswert". Die ÖVP wollte zu den Fragen des STANDARD bezüglich weiterer U-Ausschüsse als einzige Partei keine Antworten liefern.

SPÖ und Neos für Videoübertragungen

Prinzipiell hatten sich die Fraktionen nach dem BVT-U-Ausschuss zufrieden mit diesem Gremium gezeigt. Allerdings gibt es durchaus noch Änderungsvorschläge. Neos und SPÖ zeigen sich beispielsweise dafür offen, Befragungen prominenter Auskunftspersonen als Videoübertragung öffentlich zu machen – in den USA oder in Deutschland ist das Usus.

Die Neos halten außerdem eine "gleichzeitige Befragung mehrerer Auskunftspersonen" für überlegenswert, da man so "Widersprüche unmittelbar ansprechen" könne. Die Freiheitlichen wollen hingegen, dass die Weitergabe geheimer Dokumente schärfer bestraft wird. Statt einer Videoübertragung ist sie für eine "objektive Live-Berichterstattung durch das Parlament selbst mittels Ticker", bei dem die Parteienvertreter ergänzend eigene Kommentare verfassen könnten. (Fabian Schmid, 17.11.2019)