Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer bleibt optimistisch.

Foto: Standard/der Plankenauer

Er hatte es nicht ganz einfach. Sein Vorgänger als steirischer SPÖ-Vorsitzender, Franz Voves, gewann 2015 zwar die Wahl, überließ den Landeshauptmannsessel aber freiwillig der ÖVP. Voves übergab ihm damals die Partei. Seither residiert Michael Schickhofer als Zweiter im Land in einem repräsentativen Büro in der Grazer Burg – einen Stock unter seinem Koalitionspartner, Landeschef Hermann Schützenhöfer, den er jetzt nach der Landtagswahl am 24. November ablösen möchte. Schlechte Umfragen hin oder her – mit Hausbesuchen in letzter Minute will er doch noch die Wende schaffen.

STANDARD: Das war’s dann wohl mit dem Traum, Landeshauptmann zu werden, nicht? Die SPÖ ist in keiner Umfrage auch nur in der Nähe des ersten, von der ÖVP gehaltenen Platzes.

Schickhofer: Die Umfragen sind für mich nur ein Ansporn. Alle Befragungen waren ja noch vor unseren 100.000 Hausbesuchen, die wir bis zur Wahl absolvieren wollen. Da geht noch was. Es ist wie im Fußball: In den letzten Minuten ist noch alles drinnen.

STANDARD: Glauben Sie tatsächlich, dass der erste Platz für die SPÖ noch drinnen ist?

Schickhofer: Ja, sicher. Die Chance, in den letzten Tagen sechs, sieben Prozent zu schaffen, ist intakt. Mir ist bewusst, es ist ein Match David gegen Goliath. Natürlich: Dass man von der Medienpräsenz her einen Vorteil hat, wenn man schon Landeshauptmann ist, wie Hermann Schützenhöfer, liegt auf der Hand. Aber ich erinnere daran: 2015 war vorher auch alles klar, dass wir 34 und mehr Prozent bekommen werden, und dann sind es 29 Prozent geworden.

STANDARD: Woher nehmen Sie diesen fast vertrauensseligen Optimismus?

Schickhofer: Es ist in der SPÖ eine unglaubliche Dynamik im Wahlkampf entstanden. Ich kann nur sagen, bei den Hausbesuchen merke ich, dass die Leute wollen, dass jemand anpackt, die Ärmel hochkrempelt und Zukunftsvisionen für die Steiermark hat. Nach den Jahren als Zweiter ist es jetzt an der Zeit, die Gesamtverantwortung zu übernehmen.

STANDARD: Weil Sie vom Ärmelhochkrempeln sprechen: Was sind die großen Herausforderungen für die Steiermark in den nächsten Jahren?

Schickhofer: Der erste Punkt ist der große Bereich der Sicherheit, wobei ich den Begriff sehr weit fasse, da fällt natürlich auch der Katastrophenschutz darunter. Ich möchte in der Steiermark einen Sicherheitscluster aufbauen und dazu die Universitäten und Unternehmen zusammenholen. Zweiter Gedanke: Wohnen. Da könnten wir uns an internationalen Modellen orientieren, wie man etwa leerstehende Wohnungen effektiv besteuert oder, wie in Hamburg, einen Teil günstig vermieten muss. Ich möchte grundsätzlich die besten internationalen Ideen für die Mobilität, Wohnen, für den Klimaschutz in die Steiermark holen. Und natürlich müssen wir Alternativen für den für uns extrem wichtigen Autocluster andenken, um die Steiermark krisenfester zu machen. Wir müssen massiv in Green Technology und in den Bereich E-Health investieren. Da können wir uns etwa in der Telemedizin an Norwegen orientieren. Deshalb möchte ich in der nächsten Periode auch das Gesundheitsressort für die SPÖ verhandeln.

STANDARD: Hat Ihnen Ihr Vorgänger Franz Voves eigentlich einmal plausibel erklärt, warum er als Wahlgewinner den Landeshauptmannsessel der ÖVP überlassen, quasi geschenkt hat?

Schickhofer: Ehrlich, das Ganze interessiert mich nicht mehr. Was damals drohte, ist jedenfalls auch heute aktuell: Wenn es die Möglichkeit einer schwarz-blauen Koalition gibt, spielt die ÖVP damit. Wie jetzt auch. Wenn jemand fremdgeht, wie Hermann Schützenhöfer mit der FPÖ, und Neuwahlen vom Zaun bricht – noch dazu nachdem er ein großes Geschenk bekommen hat, nämlich den Landeshauptmann -, dann traut man dem Menschen nicht mehr. Er hat mir mehrmals in die Hand versprochen, dass er ohne uns nicht wählen lässt. Und auf einmal ist nach dem Besuch von Sebastian Kurz in seinem Büro alles anders gewesen. Ich muss auch in Zukunft damit rechnen, dass in der ÖVP letztlich immer die Parteitaktik überwiegt. Mit diesem Wissen muss ich in Hinkunft mit Schützenhöfer zusammenarbeiten. Ich weiß ja nicht, ob er seinen Weg diesmal schon gemeinsam mit der FPÖ sieht. Was ich ihm wirklich glaube, ist, dass er mit den Grünen nichts macht.

STANDARD: Warum nicht?

Schickhofer: Weil er mit den Grünen nichts anfangen kann.

STANDARD: Auch im Bund liegen ÖVP und Grüne politisch weit voneinander entfernt, und dennoch verhandeln sie. Warum sollte das nicht auch in der Steiermark der Fall sein?

Schickhofer: Also, wenn man die handelnden Personen kennt: Grün ist für Schützenhöfer ganz weit weg. Er setzt sich mit dem Klimathema erst seit drei Wochen auseinander. Schwarz-Grün ist mit Schützenhöfer völlig unrealistisch. Er mag vielleicht auch die Blauen nicht, aber mit den Grünen kann er nicht, er versteht sie nicht.

STANDARD: Was muss Schützenhöfer tun, um wieder Vertrauen zu schaffen? Sie werden ja weiter mit ihm zusammenarbeiten müssen. Die realistischste Koalition nach der Wahl ist nach wie vor eine schwarz-rote.

Schickhofer: (denkt lange nach) Wir werden eine klare, strenge und detaillierte Ressortaufteilung brauchen. Es braucht Zeit, wieder Vertrauen aufzubauen. Das geht sicher nicht von heute auf morgen. Aber es gibt zumindest noch andere Personen in der ÖVP, mit denen ich nach wie vor vertrauensvoll zusammenarbeiten kann. (Walter Müller, 17.11.2019)