Komm, du süße Langsamkeit.

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Das Sich-Zeit-Nehmen ist nicht mehr selbstverständlich. Das Sich-Zeit-nehmen-Können ist nicht mehr selbstverständlich. Die Schönheit und der Luxus der Langsamkeit in der Rezeption der umgebenden Welt wird weder vermittelt noch erwünscht. Es muss schnell gehen: Aktion, Reaktion, Eskalation. Alles dreht sich, alles bewegt sich. Echtzeit. Endzeit. Exzeit.

Wer allerdings immerzu flexibel sein muss, weil er sonst nicht optimiert genug ist, wird irgendwann den festen Boden unter den Füßen vermissen. Das, was bleibt, wenn man innehalten könnte in dem wilden Reigen. Immer abrufbar, immer am Sprung, immer verbunden, immer bereit. Zeit zum Nachdenken: eine gefährliche Angelegenheit. Das würde die Reaktionsspanne verkürzen. Die rasenden Gedanken. Nur nicht innehalten. Immer weiter. Weiter. Schneller ins unendliche Wachstum.

Im Hexenritt auf einem sich gnadenlos mehr und mehr verselbstständigenden Besen als unglücklicher Zauberlehrling, der doch so seines Erfolges sicher war. Klick dich zum Glück. Kick dich zum Erfolg. Gib Gas. In der Verkürzung lauern aber das Missverständnis und die Radikalisierung.

In der Verkürzung lauern das Verschieben der Grenzen, die Einengung des Sichtfelds, der Rückzug in die Echokammer, der Verlust des Differenzierten. Mehrgleisige Kommunikation braucht Mut zur Muße. Komm, du süße Langsamkeit. (rab, 18.11.2019)