Während Werner Kogler eine Untersuchung der Postenbesetzungen fordert, gerät die Kurz-ÖVP unter Druck – Die Verhandlungen der beiden gehen weiter

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Die Casinos-Affäre geht auch an den Koalitionsgesprächen zwischen ÖVP und Grünen nicht spurlos vorüber. Seit bekannt ist, dass die Staatsanwaltschaft auch gegen Ex-ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger ermittelt, lässt sich der Postenschacher bei den Casinos Austria von den türkis-grünen Verhandlern nicht länger als reine FPÖ-Causa ausblenden.

Löger selbst hat mittlerweile seinen Rückzug aus der Politik verkündet, doch die ehemalige und zukünftige Kanzlerpartei ÖVP gerät unter Rechtfertigungsdruck. Auch die Frage nach der politischen Verantwortung von Regierungschef Sebastian Kurz steht im Raum. Was wusste Kurz von den Absprachen zur Beförderung eines fachlich ungeeigneten FPÖ-Bezirkspolitikers in den Vorstand der teilstaatlichen Casinos AG? Und was wusste er über die Umstände der Bestellung von dreißig ÖVP-nahen Aufsichtsräten, über die Vizekanzler Heinz-Christian Strache in einer Nachricht an Hartwig Löger schrieb? Fragen, die sich nun auch die Grünen stellen müssen, die sich seit jeher als Antikorruptionspartei zu profilieren versuchen und gegen parteipolitischen Einfluss auf Postenbesetzungen wettern.

Grüne fordern Untersuchungsausschuss

Zur ersten Belastungsprobe für die potenziellen Koalitionäre könnte nun das grüne Engagement für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss werden. Am Montag legte sich Parteichef Werner Kogler fest, dass die Grünen gemeinsam mit SPÖ und Neos die Details für einen U-Ausschuss verhandeln wollen, der sich den Postenbesetzungen in staatsnahen Betrieben widmen soll. Geklärt werden sollen dabei die Eignung der Kandidaten sowie mögliche illegale Gegengeschäfte. Was den Untersuchungszeitraum betrifft, gibt man sich bei den Grünen offenbar Mühe, den U-Ausschuss nicht bloß als Abrechnung mit der Ära Kurz I erscheinen zu lassen: Nach Koglers Vorstellung solle der Ausschuss „mehrere Jahre“ zurückblicken, um auch Vergleiche ziehen zu können.

Keine Unterbrechung der Verhandlungen

Ob die grüne Unterstützung einer politischen Untersuchung die Verhandlungen mit der ÖVP belasten könnte, wollte Kogler nicht weiter kommentieren: „Das weiß ich nicht.“ Jedenfalls sieht er durch eine Aufarbeitung des Falls „Chancen für einen Neustart für ein transparentes und korruptionsfreies Österreich“.

An eine Unterbrechung der Koalitionsgespräche bis zur weiteren juristischen Aufarbeitung der türkisen Rolle in der Postenschacher-Affäre denkt man bei den Grünen nicht. Dafür sei schlicht die Zeit zu knapp, argumentierte der Abgeordnete Lukas Hammer am Montag via Twitter: „Die Justiz ist immer noch dabei, die Vorgänge aus Schwarz-Blau I zu klären. Sollen wir jetzt die Koalitionsverhandlungen für 15 Jahre unterbrechen?“

Casinos im Parlament

In der ÖVP selbst hält man sich zur grünen Unterstützung eines U-Ausschusses bedeckt. Stattdessen wird versucht, die Aufmerksamkeit auf andere Parteien zu lenken. Man müsse auch „SPÖ-Machenschaften“ bei den Casinos Austria thematisieren, verlautbarte Klubchef August Wöginger in einer Aussendung. Allerdings ohne konkret zu werden.

Auch bei der FPÖ, die am tiefsten im Casino-Sumpf steckt, gibt man sich aufklärungswillig – freilich ohne auf die Causa prima unmittelbar einzugehen. Klubobmann Herbert Kickl kündigte an, mit den anderen Parteien über die Rahmenbedingungen eines Untersuchungsausschusses reden zu wollen. Kickl schwebt eine Beleuchtung staatsnaher Postenbesetzungen in den vergangenen zehn Jahren vor. Die Devise lautet offenbar: Je weiter man zeitlich in die Ära Rot-Schwarz zurückgeht, umso weniger steht die FPÖ selbst im Fokus.

Einen Vorgeschmack auf die politische Bewältigung der Casinos-Affäre gibt es bereits kommende Woche: Da steht auf Betreiben von SPÖ, Grünen und Neos eine Sondersitzung des Nationalrats auf dem Programm. (Theo Anders, 19.11.2019)