Dass Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nicht allzu viel von ihnen hält, wird den Protestierenden in ihren gelben Westen wohl bewusst sein. Schließlich steht der Staatschef und ehemalige Banker durchaus auch ganz persönlich im Fokus des Unmuts.

Nun, genau ein Jahr und einen Tag nach dem ersten landesweiten Protesttag der Gelbwesten, lässt Macron seiner Abneigung freien Lauf: "Zu viele Stimmen verwechseln Ideale mit dem Nihilismus der Gewalt", sagte der Präsident am Montag bei einer Veranstaltung im Elysée-Palast.

Macron erzürnt die zunehmende Gewalt der Gelbwesten.
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Der Staatschef lobte in seiner Rede aber auch die "Brüderlichkeit" besonders derer, die in ländlichen Gebieten lebten. Doch einige hätten diese anfänglichen Ideale der Bewegung "auf der Suche nach Anonymität und Gewalt" pervertiert, resümierte Macron.

Ursprünglich friedlich

Tatsächlich sind die Gelbwesten ursprünglich an Kreisverkehren in der französischen Provinz in Erscheinung getreten, um mittels kurzfristiger Verkehrsblockaden friedlich gegen die hohen Spritkosten und die Sozialpolitik der Macron-Regierung zu demonstrieren. Um auch visuell ein Zeichen zu setzen, nahmen sie zur Hand, was ohnehin jeder Pendler stets im Auto parat hat: eine gelbe Warnweste.

Gelbwesten-Proteste, wie sie zu Beginn meist aussahen: Ein Kreisverkehr nahe Marseille wurde blockiert. "Kämpfen wir zusammen, wir lassen nicht nach", steht auf der Trikolore.
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Macron, der nun so hart mit ihnen ins Gericht geht, war und ist für sie bloß eins: der "Präsident der Reichen". So friedlich wie zu Beginn blieb es freilich nicht allzu lang.

Ausschreitungen zum Jubiläum

Am Wochenende war es im Rahmen des ersten Jahrestags vor allem in Paris zu Ausschreitungen gekommen. Die Polizei hatte am Wochenende 254 Menschen nach Zusammenstößen in der Hauptstadt und anderen Städten festgenommen. Innenminister Christophe Castaner machte "Gauner" und "Schlägertypen" für die Gewalt verantwortlich.

Zum ersten landesweiten Protesttag am 17. November vor einem Jahr waren nach offiziellen Angaben mehr als 280.000 Demonstranten in gelben Warnwesten auf die Straßen geströmt.

Ausschreitungen in Paris.
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Ihr Hauptziel haben die Gelbwesten nicht erreicht: den Rücktritt Macrons. Der Staatschef hat als Reaktion auf die Proteste Zugeständnisse gemacht, welche die Regierung auf 17 Milliarden Euro beziffert. Dazu zählen eine Senkung der Einkommensteuer und ein höherer Mindestlohn. Die Gelbwesten kritisieren, davon sei fast nichts bei den sozial Benachteiligten angekommen. (flon, APA, 19.11.2019)