Großbaustellen wie hier im Libanon gehen oft mit sklavenähnlichen Arbeitsbedingungen einher. Der Filmessay "Taste of Cement" reflektiert das prekäre Leben von Wanderarbeitern.

Foto: Ziad Kalthoum

Syrische Arbeiter bauen Hochhäuser im ehemaligen Bürgerkriegsland Libanon, während ihre Häuser im eigenen Land von Bomben zerstört werden. Sie leben in Beirut unter sklavenähnlichen Bedingungen in den Kellern der Großbaustellen, die sie aufgrund einer Ausgangssperre für Flüchtlinge auch nachts nicht verlassen dürfen. Davon handelt Taste of Cement, ein mehrfach ausgezeichneter, bildgewaltiger Filmessay über Krieg, Zerstörung und Versuche eines Neubeginns.

Regisseur Ziad Kalthoum wurde 1981 im syrischen Homs geboren, das heute in Trümmern liegt, und flüchtete vor einigen Jahren selbst in den Libanon. Über seine Erfahrungen bei der Arbeit an Taste of Cement spricht Kalthoum am Freitag im Innsbrucker Leo kino. Dort widmet sich von 21. bis 23. November die zweite Ausgabe des internationalen Filmfestivals Inncontro der Vielheit der "Arbeit im Kontext von Migration".

Gängige Stereotype interessieren dabei höchstens als Diskussionsgrundlage im Rahmenprogramm, die Filmauswahl zeichnet sich durch unterschiedlichste Perspektiven auf das Thema aus: Denn dieses ist vielschichtig, global, hochaktuell, wie sich etwa am Beispiel der sogenannten Care-Migration zeigt.

Gemeint ist damit die nicht nur in Österreich gängige Praxis, Pflegekräfte auf Zeit aus dem Ausland zu "importieren", es handelt sich dabei meist um Frauen aus wirtschaftlich schwächer gestellten Ländern, die ihre Familien wochen- oder monatelang verlassen, um in privaten Haushalten als Pflegerinnen zu arbeiten.

Begriff "Gastarbeit"

Man darf vor dem Hintergrund von Maren Wickwires Together Apart, einem Dokumentarfilm über zwei philippinische Hausangestellte in Zypern, also auch den Begriff der "Gastarbeit" einer kritischen Befragung unterziehen. Geprägt wurde er in den 1960er- und 1970er-Jahren, als der Bedarf an Arbeitskräften in Deutschland und Österreich durch die Anwerbeabkommen unter anderem mit der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien gedeckt werden sollte. Fatih Akins im Jahr 2000 für die Fernsehreihe "Denk ich an Deutschland" entstandener Dokumentarfilm Wir haben vergessen zurückzukehren ist eine sehr persönliche, bewusst im Stile eines Homemovies gehaltene Annäherung an die Einwanderungsgeschichte seiner Eltern und eröffnet das dreitägige Festival am Donnerstag.

Der Alltag einer Selbstständigkeit in der Illegalität spiegelt sich wiederum in Rosine Mbakams Chez Jolie Coiffure in einem winzigen Friseursalon in Brüssel, Xalko von Sami Mermer widmet sich denen, die im Zuge der Arbeitsmigration in einem kurdischen Dorf in der Türkei zurückgeblieben sind, meist Frauen und alte Männer, und in Alexandra D’Onofrios Era Domani geht es auch um die Frage, wie und von wem Filme über Migration überhaupt produziert werden. Eine Frage, der man sich noch nicht oft widmete.