Frauen sollen nicht Wonderwoman sein müssen, um die gleichen Chancen und Rechte zu haben.

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Wir lesen auf T-Shirts von "The Future is Female" und "Girl-Power", in Einladungen zu Networking-Veranstaltungen für Frauen von "Riots" und "Erfolgsstrategien für Frauen in Unternehmen". Es gibt inzwischen zahlreiche Veranstaltungen, die versuchen, Frauen zu stärken. Veranstaltungen wie die von der Jungen ÖVP, die am 23. November einen "Superwoman Day" veranstaltet, an dem "erfolgreiche Speakerinnen" aus Kultur, Kunst, Politik und Wirtschaft zu Frauen sprechen und erzählen, wie es geht.

Frauen zu bestärken ist gut und wichtig, ebenso dass sich Frauen als Vorbilder und Mentorinnen zur Verfügung stellen. Doch man darf nicht vergessen: Bei den von solchen Projekten adressierten Frauen handelt es sich um eine Minderheit, für zahllose Frauen ist so etwas wie eine Karriere überhaupt kein Thema. Für sie ist es völlig wurscht, ob sie es schaffen, ihre "Ressourcen zu aktivieren", ob sie eh "resilient" sind oder ihre Performance in der Sitzung gut war und sie sich nicht unterbrechen ließen.

Sie gehen einfach hackeln, sie arbeiten vielleicht als Kellnerinnen, Pflegerinnen, Verkäuferinnen, Putzfrauen, Friseurinnen – und haben damit einfach eine Arbeit, aber sicher keine "Karriere", für die sie all die guten Empowerment-Tipps brauchen könnten. Ihnen fehlt es oft an der banalsten Gerechtigkeit. Sie werden auch heute noch gekündigt, wenn sie schwanger werden – und müssen es akzeptieren, weil sie in keiner Weise die Kapazitäten haben, sich dagegen zu wehren. Noch immer arbeiten schlecht verdienende Frauen auch noch viele Stunden umsonst – während sich gut Verdienende diese Putz-, Pflege- und Familienarbeit zukaufen. Die meisten Frauen wurschteln sich noch immer zum größten Teil allein mit ihren Kindern durch den Alltag und verdienen – egal welches Berechnungsmodell man nimmt – weniger als Männer.

Unschöne Verpflichtungen

Für sie ist die Rede von Empowerment in all ihren Facetten ziemlich egal. Die alten Forderungen nach einem strengeren Lohntransparenzgesetz, nach Studien über das Zeitbudget von Männern und Frauen und Karenzmodellen, die endlich zu einer fairen Verteilung der Familienarbeit verpflichten, machen sich auf T-Shirts nicht so gut. Wirtschaftsliberale Parteien wie die ÖVP und die Neos mögen Verpflichtungen bekanntlich auch nicht sehr. In der jetzigen Situation, in der Frauen zwar noch immer sichtbar benachteiligt sind, sich aber trotzdem niemand damit unbeliebt machen will, per Gesetz die Gesellschaft dazu zu verpflichten, dagegen etwas zu tun, ist "Selbstermächtigung" ein praktisches Hintertürl.

So kann man Gleichberechtigung als Aufgabe der Einzelnen präsentieren, anstatt strengere Gesetze und verpflichtende Maßnahmen zu fordern, was mühsam und eine Art des politischen Engagements ist, die sich nicht in kostenpflichtige Veranstaltungen überführen lässt. Aber letztlich hilft nur das allen Frauen: jenen mit Berufen ohne Karriere wie auch den besser bezahlten Frauen in Jobs mit Einfluss und Perspektiven. Denn wie kommen Frauen dazu, Superwomen sein zu müssen? (Beate Hausbichler, 20.11.2019)