Öffentliche Bauaufträge stehen im Fokus der Wettbewerbshüter. Nicht überall gibt es Preisabsprachen.

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Anders als beim Amtsantritt angekündigt, will das Wirtschaftsministerium doch mehr gestalten als nur verwalten. Die Kartellwächter von der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sollten offenbar an Weisungsfreiheit einbüßen. Zumindest war das bis Dienstagmittag der Plan des von Elisabeth Udolf-Strobl geleiteten Bundesministeriums für Digitales und Wirtschaft.

BWB-Chef Theodor Thanner, Generaldirektor der weisungsfreien Wettbewerbsbehörde, die Kartellverstöße und Preisabsprachen untersucht (die Strafen verhängt formal das Kartellgericht), jedenfalls sah die Unabhängigkeit der Behörde durch die (Übergangs-) Regierung gefährdet.

Weisungsfreiheit in Gefahr

Anlass für derartige Befürchtungen ist die anstehende Novellierung des Verbraucherschutzgesetzes respektive die dafür notwendige Kooperation der Verbraucherschutzbehörden, wie sie in EU-Richtlinien festgelegt und bis Jänner 2020 in nationales Recht umzusetzen ist.

Thanner befürchtet die Beschneidung von Kompetenzen.
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Im Teilbereich internationale Verbraucherbehördenkooperation sollte die dem Wirtschaftsministerium zugeordnete und von diesem finanzierte BWB an Weisungsfreiheit einbüßen. Das legt ein Entwurf für das Verbraucherbehörden-Kooperationsgesetz nahe, der in den nächsten Tagen in Begutachtung verschickt werden sollte. Er sieht vor, dass der BWB die Vollziehung von Vorschriften übertragen werden kann.

Teilweise Beschränkung

„In diesem Fall gelten die Bestimmungen ... betreffend Befugnisse und Pflichten der zuständigen Behörden auch für die Bundeswettbewerbsbehörde“. heißt es darin. Was nicht explizit drin steht, aber gemeint ist: Diese „zuständigen Behörden“ sind weisungsgebunden, und dies sollte eben auch für die BWB gelten.

Sollte, denn der Plan ist inzwischen vom Tisch. Die „aktuellen Befürchtungen und Kritikpunkte der BWB“ teile man nicht, hieß es im Kabinett der Wirtschaftsministerin. „Die Wettbewerbsbehörde ist selbstverständlich weisungsfrei beim Vollzug. In die Kernkompetenz der Behörde wird nicht eingegriffen. Die Umsetzung der EU-Verordnung über die Verbraucherbehördenkooperation fällt jedoch nicht in die Kernkompetenz der Wettbewerbsbehörden.“

Das heißt auf gut Deutsch: Die Übergangsregierung nimmt der BWB die Verbraucherbehördenkooperation weg. Sie soll aus der BWB herausgelöst und direkt im Wirtschaftsministerium angesiedelt werden, erklärte ein Sprecher – so bleibe die BWB weisungsfrei. Die der BWB zugeordneten Mitarbeiter würden nicht abgezogen. Ob der Vollzug künftig durch Bezirksverwaltungsbehörden erfolgen wird, sagte der Sprecher nicht.

Behinderung der Ermittlungen?

Wenn es eine Weisung des Ministers gibt, „kann es sein, dass ich Mitarbeiter von Hausdurchsuchungen zurückholen muss“, warnte Thanner.

Wie man es auch dreht: Die BWB verliert Kompetenzen. Allerdings bleibt sie wenigstens in ihrem Ermessen, gegen welches Kartell oder welche Branche ermittelt wird, frei. Das wäre sie durch Wünsche der Politik (Stichwort Abhaltung von Verbraucherschutztagen) nicht mehr gewesen.

Er habe seit einiger Zeit den Eindruck, sagte Thanner im Klub der Wirtschaftspublizisten, dass Ermittlungen der BWB erschwert und behindert würden. Ein Mitarbeiter habe beispielsweise neun Monate auf Ausfolgung seines Dienstausweises durch das Ministerium warten müssen. Ohne Ausweis könne der Mitarbeiter nicht an Hausdurchsuchungen mitwirken. „Kartellierung ist eine Form von Korruption“, so Thanner. Wer die Aufklärung behindere, mache sich zum Komplizen.

Größter Kartellfall

Er sieht diese Aktivitäten im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen rund 50 Baufirmen – gemeinsam mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) und dem Bundeskriminalamt. Von der Dimension her sei es die größte Kartellermittlung in der Geschichte der BWB. Die Bauunternehmen sollen bei öffentlichen Bauprojekten wie Krankenhäusern, Kasernen oder Kindergärten die Angebote abgesprochen haben und so die Steuerzahler um Millionen Euro geschädigt haben. Strabag und Porr haben bereits bestätigt, dass bei ihnen Hausdurchsuchungen durchgeführt wurden. Insgesamt geht es in den Ermittlungen mittlerweile um ein Bauvolumen von rund einer Milliarde Euro und hunderte Bauvorhaben bis ins Jahr 2003 zurück. (ung, APA, 20.11.2019)