Rechtsanwältin Jana Eichmeyer

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Rechtsanwältin Karolin Andréewitch

Die Farbenpracht der Herbstblätter weicht bereits langsam dem winterlichen Kahlschlag, an einen Spaziergang ohne Winterjacken ist schon nicht mehr zu denken, und die verstaubten Schneeschaufeln des Vorjahres kommen bald wieder zum Einsatz. Nicht nur die immer kühler werdenden Temperaturen, sondern auch ein Blick auf den Kalender verrät: Das Jahr neigt sich langsam dem Ende zu, und die Weihnachtszeit rückt in Riesenschritten näher. In der Zeit der Punschstände und Lebkuchen sehnen sich viele Arbeitnehmer nach Urlaub, um Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen. Doch in der Arbeitswelt ist das Thema Urlaub manchmal weniger besinnlich als erhofft und kann durchaus zu Konflikten führen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt stellt sich die Frage nach den rechtlichen Rahmenbedingungen des Urlaubsanspruchs.

Nach dem österreichischen Urlaubsrecht hat grundsätzlich jeder Arbeitnehmer pro Arbeitsjahr einen Anspruch auf ununterbrochenen, bezahlten Urlaub im Ausmaß von fünf Wochen. Dieser Anspruch erhöht sich nach Vollendung des 25. Dienstjahres auf sechs Wochen.

Urlaub verbrauchen

Das Urlaubsjahr entspricht grundsätzlich einem Arbeitsjahr, wobei das Eintrittsdatum als Stichtag für dessen Beginn herangezogen wird. Eine Umstellung auf das Kalenderjahr ist zwar möglich, muss aber entweder im entsprechenden Kollektivvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung oder – in Betrieben ohne Betriebsrat – in einer schriftlichen Einzelvereinbarung mit dem jeweiligen Arbeitnehmer geregelt werden. In der Praxis herrscht häufig weniger Unsicherheit darüber, ob ein Urlaubsanspruch überhaupt besteht, als vielmehr über die Frage des Zeitpunktes des Urlaubsverbrauchs. Die Rechtslage ist in dieser Hinsicht grundsätzlich unmissverständlich: Weder der Arbeitnehmer noch der Arbeitgeber darf den Verbrauchszeitpunkt einseitig bestimmen, vielmehr ist der Urlaubsantritt zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu vereinbaren. Für den Abschluss einer solchen Urlaubsvereinbarung sind einerseits die Erfordernisse des Betriebes und andererseits die Erholungsmöglichkeiten des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Eine prominente Ausnahme von der Vereinbarungspflicht ist der sogenannte "persönliche Feiertag", der im März 2019 – als Ausgleich für den Entfall des Karfreitags – vom österreichischen Gesetzgeber neu eingeführt wurde. Demnach kann der Arbeitnehmer den Zeitpunkt eines seiner Urlaubs tage einmal pro Urlaubsjahr einseitig bestimmen und muss in diesem Fall keine Zustimmung des Arbeitgebers einholen.

Neben dem "persönlichen Feiertag" gibt es im Rahmen der Pflegefreistellung für Arbeitnehmer die Möglichkeit, eine Dienstfreistellung unter Fortzahlung des Entgelts einseitig in Anspruch zu nehmen. In allen anderen Fällen bedarf es grundsätzlich einer Urlaubsvereinbarung.

Keine Einigung

Kommt eine solche nicht zustande, sieht der Gesetzgeber (nur) in Betrieben mit Betriebsrat die Möglichkeit eines einseitigen Urlaubsantritts des Arbeitnehmers unter folgender Voraussetzung vor: Hat der Arbeitnehmer einen Urlaubswunsch von mindestens zwei Wochen mindestens drei Monate im Voraus bekanntgegeben und kommt keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zustande, ist den Verhandlungen zunächst der Betriebsrat beizuziehen. Kommt es auch dann nicht zu einer Einigung, hat der Arbeitgeber als Ultima Ratio die Möglichkeit, eine Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einzubringen.

Tut der Arbeitgeber dies nicht, ist ein einseitiger Urlaubsantritt des Arbeitnehmers zum ursprünglich gewünschten Zeitpunkt zulässig. Bringt der Arbeitgeber hingegen die Klage rechtzeitig ein und tritt der Arbeitnehmer den Urlaub an, ohne dass bereits eine gerichtliche Entscheidung in seinem Sinne vorliegt, riskiert der Arbeitnehmer eine Entlassung, sollte das Gericht dem Arbeitgeber recht geben.

Gefallen lassen

Die genannten Beispiele zeigen, dass sich der Arbeitgeber in bestimmten Konstellationen den einseitigen Antritt eines Urlaubs bzw. einer bezahlten Freistellung gefallen lassen muss. Umgekehrt stellt sich die Frage, ob auch für den Arbeitgeber Möglichkeiten bestehen, den Arbeitnehmer einseitig zum Verbrauch seiner Urlaubstage zu verpflichten. Viele Arbeitnehmer begrüßen die Möglichkeit eines Urlaubs zur Weihnachtszeit.

Andererseits gibt es aber auch Arbeitnehmer, die zwischen den Feier tagen lieber arbeiten. Aus diesem Grund erwägen Arbeitgeber häufig einen "Betriebsurlaub" für die gesamte Belegschaft. Für einen solchen benötigt der Arbeitgeber jedoch zwingend die Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers.

Horten Arbeitnehmer ihren Urlaub, hat der Arbeitgeber begrenzte Einflussmöglichkeiten, auf den Verbrauch des offenen Urlaubs hinzuwirken. Das österreichische Recht sieht hierfür eine durchaus pragmatische und effektive Lösung vor: Offener Urlaub verjährt nämlich nach Ablauf von zwei Jahren ab dem Ende des Urlaubsjahres, in dem er entstanden ist. Ist ein Angestellter somit etwa am 1. Jänner 2017 eingetreten und verbraucht er in den Jahren 2017, 2018 und 2019 keinen Urlaub, so verjährt mit 1. Jänner 2020 sein Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2017. Unter gewissen Umständen kommt es zu einer Verlängerung oder Hemmung der Verjährungsfrist.

In Anbetracht der vielfältigen Urlaubsregelungen wird klar, dass für die Planung eines gelungenen Urlaubs nicht nur die Auswahl von Destination und Urlaubsbegleitung entscheidend ist. Vielmehr ist auch die Kenntnis des rechtlichen Grundgerüsts sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber maßgeblich, um Ärger im Zusammenhang mit der Urlaubszeit zu vermeiden.