Viele neue Biogasanlagen müssten in Österreich aus dem Boden gestampft werden, wenn mittel- bis langfristig fossiles Erdgas ersetzt werden soll. Großen Anlagen sei dabei aus Kostengründen der Vorzug vor Kleinanlagen zu geben, geht aus einer Studie hervor.

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Wien – Biogas spielt derzeit im österreichischen Energiemix eine untergeordnete Rolle. Geht es nach Peter Weinelt, Generaldirektor-Stellvertreter der Wiener Stadtwerke und Obmann des Fachverbands Gas Wärme, dann sollte sich das nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen und geopolitischen Gründen rasch ändern. Biogas sei, was die Kosten der Vermeidung klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) betrifft, deutlich günstiger als Windkraft und auch Photovoltaik. Und gemessen an fossilen Brennstoffen wie Öl und Erdgas, aber auch an den derzeit stark forcierten Elektroautos mit ihren auf Seltenen Erden basierenden Akkus könnten mit in Österreich produziertem Biogas auch Abhängigkeiten von nicht unproblematischen Weltregionen vermieden werden.

Weinelt stützt sich bei seinen Aussagen auf den ersten Teil einer Studie, die das Economica-Institut im Auftrag des Fachverbands Gas Wärme erstellt hat. Wie bereits in anderen Untersuchungen festgestellt, habe Österreich das Potenzial, Erdgas bis zum Jahr 2050 weitgehend durch erneuerbares Biomethan, Wasserstoff und synthetisches Methan zu ersetzen. In einem ersten Schritt könnten die Biomethanpotenziale auf Reststoffbasis von derzeit rund 70 Millionen Normkubikmetern auf rund zwei Milliarden Kubikmeter erhöht werden, sagte der Leiter des Economica-Instituts, Christian Helmenstein, bei der Präsentation der Studie am Mittwoch. Zum Vergleich: Der Gesamtgasverbrauch Österreichs bewegt sich derzeit bei rund acht Milliarden pro Jahr.

45 Prozent aus forstlicher Biomasse

Wie setzt sich dieses Potenzial zusammen? Laut Helmenstein grob gerechnet zu 45 Prozent aus forstlicher Biomasse, zu 35 Prozent aus landwirtschaftlicher Biomasse inklusive Gülle und zu 20 Prozent aus sonstigen Abfällen und Reststoffen wie nicht mehr genießbaren Lebensmitteln.

Um die Zielvorgaben für die angestrebte CO2-Reduktion außerhalb des Emissionshandels bis 2030 zu erreichen, müsse kräftig Gas gegeben werden, andernfalls drohten hohe Strafzahlungen. Ohne Windkraft und Photovoltaik gehe es nicht, "wir werden alle Energieformen benötigen", sagte Helmenstein. Interessant aber sei doch ein Vergleich der Kosten, die beim Zurückdrängen von CO2 über unterschiedliche Energieformen entstehen. Während die Vermeidungskosten je Tonne CO2 inklusive externer Effekte nach derzeitigem Stand 106,50 Euro betragen, sind es bei Photovoltaik 96,23 Euro und bei Biomethan aus einer mittleren Anlage 76,10 Euro. Durch Skaleneffekte schnitten große Biomethananlagen noch besser ab, dort koste das Vermeiden einer Tonne CO2 60,2 Euro. "Die Kosten hängen davon ab, wie effizient CO2 eingespart werden kann", sagte Helmenstein. Biogas verstromen, wie das jetzt üblich ist, sei keine gute Strategie, damit schnellten die CO2-Vermeidungskosten auf mehr als 300 Euro je Tonne.

Raumwärme, Verkehr

Weinelt, Obmann des Fachverbands, plädiert denn auch für die Nutzung von Biogas erstens im Bereich Raumwärme und zweitens im Verkehr, etwa als Ersatz für Diesel bei Lkws. Große Biogasanlagen sollten an Orten entstehen, wo es den entsprechenden Rohstoff transportnah gibt und wo eine Gasleitung vorbeiführt. "Wir haben in Österreich 45.000 Kilometer Gasleitungen, genug Gasspeicher, da muss kaum mehr etwas dazugebaut werden", sagte Weinelt.

Damit das Potenzial gehoben werden könne, müsse erneuerbares Gas gleich behandelt werden wie erneuerbarer Strom, sprich: Ohne Förderungen wird es nicht gehen. Weinelt plädiert für ein Ausschreibungsmodell mit Marktprämien, in dem auch Biogas berücksichtigt wird. Die Technologie sei da, bei entsprechenden Rahmenbedingungen könne sofort investiert werden. (Günther Strobl, 20.11.2019)