Ein Bauernhaus im abgelegenen Osttirol wurde seit der Hausdurchsuchung Mitte August zum Nebenschauplatz der Casinos-Affäre.

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Wien/Gumpoldskirchen – Die FPÖ Wien hat Goldbarren in einem Osttiroler Bauernhaus gehortet. Das geht laut dem Nachrichtenmagazin "Profil" aus Ermittlungsakten in der Causa Casinos hervor. Die Partei selbst bestätigte den in Tresoren im "Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol" aufgeteilten Inhalt. Über Anzahl und Wert der Goldbarren gab es keine Auskunft, da es sich um Vermögenswerte der Partei handle.

Das "Freiheitliche Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol" ist eine Vorfeldorganisation der Wiener Landespartei. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) hatte in dem Bauernhaus bereits Mitte August eine "freiwillige Nachschau" durchgeführt. In einem gesicherten Raum stieß man auch auf Tresore, die von den Beamten nicht geöffnet werden konnten. Nur vier Personen hätten Zugang, hieß es vonseiten der FPÖ, darunter Wiens Vizebürgermeister Dominik Nepp und ein Wiener Steuerberater, der auch FPÖ-Gemeinderat in Wien war sowie dessen Sohn.

Anzahl der Barren unklar

Daraufhin reiste Nepp nach Osttirol und öffnete in Anwesenheit der Ermittler die Tresore. In den Tresoren befanden sich wiederum notariell versiegelte Metallkassetten. Der Schlüssel dazu soll sich laut FPÖ bei einem bereits verstorbenen Notar befinden. In einem dazugehörigen Notariatsakt, den die Freiheitlichen den Ermittlern übergaben, ist die Rede von Goldbarren. Auf eine gewaltsame Öffnung der Schatullen an Ort und Stelle verzichteten die Ermittler. Stattdessen versprach Nepp, die Behältnisse nach Wien zu überführen.

In dem Notariatsakt, den die Freiheitlichen den Ermittlern allerdings geschwärzt übergaben, ist die Rede von mehreren Goldbarren mit der Beschriftung "Münze Österreich, 500 g Fine Gold 999,9". Die Anzahl der Barren ist daher unklar. Die Länge der geschwärzten Absätze mit den Barrennummern lässt allerdings vermuten, dass es sich um eine größere Menge handelte. Zwei der Kassetten befinden sich im Eigentum des Klubs der Wiener Freiheitlichen Landtagsabgeordneten. Eine weitere Kassette gehörte wiederum der FPÖ Wien.

Neos: Nepp spielte Dagobert Duck

Die Wiener Neos sehen angesichts der aktuellen Enthüllungen den richtigen Zeitpunkt für den Rücktritt Nepps. "Offenbar spielt Dominik Nepp hier den Dagobert Duck und hat sich seinen Goldspeicher angelegt", so der Wiener Klubobmann Christoph Wiederkehr in einer Aussendung. Dass der amtierende Vizebürgermeister der Bundeshauptstadt Zugriff auf einen Tresor voller Goldbarren hatte und als Finanzreferent auch für das Spesenkonto von Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) verantwortlich war, mache ihn untragbar.

Eine freiheitliche Pension in den Bergen

Die Geschichte der Pension ist eng mit der Geschichte der FPÖ Wien verwoben. Die Landespartei machte sich vor rund zehn Jahren auf die Suche nach einem geeigneten Ort für Klausuren. Ein abgeschiedenes Hotel wäre ideal, in dem man sogenanntes "Teambuilding" vorantreiben könnte. In St. Jakob in Defreggen wurde man fündig: Parteifreund Gerald Hauser war 2010 gerade zum Bürgermeister gewählt worden, er soll von einer leerstehenden Pension im Ort erzählt haben – was Hauser dementiert. Im Herbst 2011 wird der Verein "Freiheitliches Bildungsinstitut St. Jakob in Osttirol" von den langjährigen Wiener FPÖ-Politikern Eduard Schock, der mittlerweile zum Direktor der Österreichischen Nationalbank ernannt wurde, und Johann Herzog offiziell gegründet.

In St. Jakob, aber auch innerhalb der FPÖ gab es Gerüchte, dass Strache die Pension als "Rückzugsort" für einen Tag X, also eine landesweite Katastrophe wie einen Bürgerkrieg, gesehen habe. Außerdem sei die erwähnte "Döblinger Partie" dort gewesen. Diese besteht vor allem aus Strache und Johann Gudenus, den zwei Protagonisten des Ibiza-Videos. Dazu soll auch Nepp, Casinos-Austria-Vorstand Peter Sidlo, dessen Schwager Markus Braun und Maximilian Krauss gehören. Gegen Strache, Gudenus, Sidlo, und Braun wird mittlerweile ermittelt – es gilt die Unschuldsvermutung.

Ein freiheitliches Bildungshaus in den Bergen

Die Lektüre der Statuten des Vereins, der die Pension Enzian besitzt, macht die Sache nicht unbedingt klarer. So wird etwa die "Erhaltung des Waldes als Schutzwald" sowie die "Unterstützung des Brauchtums im Defereggental" als Vereinszweck angeführt. Außerdem will man sich – reichlich allgemein – der "Pflege kultureller und gesellschaftlicher Kontakte" widmen. Falls diesen Zwecken in den letzten Jahren tatsächlich Genüge getan wurde, dann muss dies gut vor der Öffentlichkeit verborgen worden sein, denn entsprechende Veranstaltungshinweise gibt es keine. Wie der STANDARD berichtete, sind die Überschneidungen des Vereins mit der gleichnamigen FPÖ-Parteiakademie enger als von der Partei behauptet. (lalo, red, APA, 20.11.2019)