In seiner Sendung "Neo Magazin Royale" knöpfte sich Satiriker Jan Böhmermann ausführlich das Oberhaupt der Hohenzollern vor, Georg Friedrich Prinz von Preußen. Dass dieser vom Staat Kunstgegenstände zurückbekommen soll, findet er unerträglich.

Foto: Screenshot / You Tube / „Neo Magazin Royale“

Die Verhandlungen laufen seit Jahren, und lange Zeit ging es dabei auch sehr verschwiegen zu. Denn Vertreter des deutschen Staates und der Familie Hohenzollern haben heikle Fragen zu besprechen.

Hat Georg Friedrich Prinz von Preußen, der Ururenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II., trotz der Enteignung durch die Sowjets nach dem Zweiten Weltkrieg Ansprüche auf Kunstwerke seiner Vorfahren, die sich heute in Museen befinden? Sollten er und seine Familie gar Wohnrecht in diversen Schlössern bekommen?

Die Diskretion der Gespräche stört nun jedoch der deutsche Satiriker Jan Böhmermann. Nicht nur das: Er bereichert das Thema um einen bisher wenig beachteten Aspekt. Und er nimmt in recht eindeutiger Weise Stellung.

"Wie kann man die Hohenzollern stoppen?"

#PrinzDumm heißt der von ihm ersonnene Hashtag, schon allein damit ist klar, dass Böhmermann das Ansinnen des Preußen-Prinzen – um es höflich auszudrücken – eher unangemessen findet. „Wie kann man die Hohenzollern mit juristisch-legalen Mitteln stoppen? Wie können wir, die Bürgerinnen und Bürger des demokratischen Deutschlands, den Hohenzollern alles wegnehmen, was sie besitzen, und zwar legal?“, fragt Böhmermann.

Er hat eigens eine Website eingerichtet. Hohenzollern.lol heißt diese, und Böhmermann zeigt dort, was eigentlich nicht für die Augen der Öffentlichkeit bestimmt ist: Gutachten über die Rolle von Kronprinz Wilhelm, dem Sohn Wilhelms II., im Nationalsozialismus. Diese waren bisher zum Teil geheim. Eine Chance auf Entschädigung besteht für die Hohenzollern nämlich nur, wenn niemand aus der Familie durch sein Handeln dem Nationalsozialismus „erheblichen Vorschub“ geleistet hat. So steht es im Entschädigungsgesetz von 1994.

Gutachten geleakt

Vier Gutachten stellt Böhmermann vor. Die Historiker Stephan Malinowski und Peter Brandt erklären, der Kronprinz habe dem Nationalsozialismus Vorschub geleistet. Ihre Kollegen Christopher Clark und Wolfram Pyta sehen es anders. Laut Clark war Wilhelm völlig unbedeutend, laut Pyta sogar im Widerstand engagiert.

Böhmermann ruft auch einen Wettstreit aus und bittet „Jura-Freaks“, sich einzubringen. „Erarbeiten Sie Verhandlungs- und Klagestrategien, wie direkt oder indirekt seitens der Bundesregierung Druck ausgeübt werden kann“, heißt es auf der Website.

Für den SPD-Haushaltsexperten Johannes Kahrs ist die Sache hingegen schon klar. „Ich verstehe nicht, warum noch verhandelt wird. Ich bin dagegen, den Hohenzollern auch nur noch einen Euro zu geben. Und wenn sie klagen wollen, sollen sie klagen“, sagt er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Auf seiner Website bietet Böhmermann einige Hintergrundinformationen zur Causa und bringt, ebenso wie in seiner Sendung Neo Magazin Royale in der Vorwoche, ein Geschichtskapitel ins Spiel, an das viele im offiziellen Deutschland nicht gerne erinnert werden: den Völkermord an den Herero.

1904 bis 1908 hatte Generalleutnant Lothar von Trotha in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, ein Massaker angerichtet, dabei starben bis zu 60.000 Herero. Deutscher Kaiser war damals Wilhelm II., den Böhmermann als „Verbrecher-Ururopa“ von Georg Friedrich Prinz von Preußen bezeichnet.

„Unser erster Völkermord“

Er weist darauf hin, dass die deutsche Regierung zwar mit den Preußen über die Rückgabe von Kunstgegenständen verhandelt, es aber hingegen mit Vertretern der Herero keine Gespräche über Entschädigungen gibt. „Das war unser erster Völkermord“, sagt Böhmermann und stellt eine „Seminaraufgabe“ auf seiner Website: „Überprüfen Sie, inwiefern hieraus eine Verantwortlichkeit der Hohenzollern resultieren könnte und ob es ggf. Möglichkeiten gibt, wie die Hohenzollern in den Streitfall der Hereros gegen den deutschen Staat einbezogen werden können.“

In seine Sendung hatte Böhmermann auch Israel Kaunatjike eingeladen. Der Herero-Aktivist aus Berlin wandte sich mit einer persönlichen Botschaft an den Chef des Hauses Hohenzollern: „Ich finde es gut, dass du jetzt eine Entschädigung von Deutschland verlangst. Du öffnest Türen. Wirst du entschädigt, dann müsste das erst recht für die Herero gelten.“ (Birgit Baumann aus Berlin, 21.11.2019)