Der Detektiv J. H. gab sich auf Ibiza als Begleiter einer russischen Oligarchennichte aus. Er ist auf dem Bild rechts im Gespräch mit den damaligen FPÖ-Politikern Johann Gudenus (Mitte) und Heinz-Christian Strache (links) zu sehen.

Foto: Spiegel / SZ

Zuletzt ging es in den Ermittlungen zur Ibiza-Affäre Schlag auf Schlag: An mehreren Orten in Österreich fanden am Dienstag Hausdurchsuchungen und vorläufige Festnahmen statt, wobei die Staatsanwaltschaft keine Informationen zu Betroffenen bekanntgab. Erst am späten Abend lichtete sich der Nebel etwas. Offenbar gehen die Ermittler davon aus, dass ihnen ein großer Wurf gelungen ist. In einer Durchsuchungsanordnung werden zwei der Festgenommenen als direkte Mittäter bei der Erstellung des Ibiza-Videos genannt.

Dabei handelt es sich um zwei Männer, die schon in der Vergangenheit mit Kleinkriminalität aufgefallen sind. Sie sollen „Alyona Makarow“ – also die falsche Oligarchennichte, mit der Strache auf Ibiza parlierte – rekrutiert und eingeschult haben. Außerdem sollen die beiden Verdächtigen die Installation der Aufnahmegeräte in der Finca auf Ibiza durchgeführt haben. Genannt wird in diesem Zusammenhang ein dritter Mann, der bislang nicht in den Ermittlungen vorgekommen ist.

Daneben gibt es einen weiteren Ermittlungsstrang, der vorrangig nicht mit dem Ibiza-Video, sondern mit dem Drogenmilieu zu tun haben soll. Hier wurden ebenfalls zwei Personen festgenommen.

Die beiden Stränge hängen indirekt zusammen. Fast alle handelnden Personen kennen einander seit vielen Jahren. Den Ausgang nahm die Causa, als Straches Bodyguard R. begann, Material über seinen Chef zu sammeln. Das wollte er durch seinen Anwalt M. verkaufen lassen – ohne Erfolg. M. hatte dann mit dem Privatdetektiv J. H. offenbar die Idee, das Ibiza-Video zu produzieren. M. schleuste die Oligarchennichte bei Gudenus ein, der Rest ist Geschichte. Im Mai 2019 wurde das Video via SüddeutscheZeitung und Spiegel publik.

Hintermänner im Fokus

Der Privatdetektiv J. H. tauchte rasch unter, die anderen Beteiligten wurden jedoch zu begehrten Informanten. Laut Anordnung der Staatsanwaltschaft zahlte Gert Schmidt, Betreiber des Blogs EU-Infothek, zweien der am Dienstag festgenommenen Männer mindestens 60.000 Euro, um Material zu erhalten. Dabei soll er jedoch aufs Kreuz gelegt worden sein: Ein Foto, das eine Cannabisplantage von J. H. zeigen soll, wurde laut Staatsanwaltschaft einfach aus einem Artikel der Badischen Zeitung geklaut. Es hat mit J. H. gar nichts zu tun. Deshalb nennt die Staatsanwaltschaft Schmidt nun als Geschädigten.

Der zeigt sich darüber verwundert. „Ich bin nicht in geringster Weise geschädigt. Alle Informationen waren korrekt“, sagt Schmidt dem STANDARD. Er ortet wiederum eine „Fake-News“-Kampagne der Personen, über die er recherchiert – und die nicht mit ihm zusammenarbeiten wollten.

Schmidt gelangte mit seiner EU-Infothek rasch nach dem Aufpoppen des Ibiza-Videos in die Schlagzeilen, weil er Informationen über die Hintermänner des Videos publizierte. Seitdem halten sich die Gerüchte, dass Schmidt eng mit Strache und Gudenus zusammenarbeitet. Das bestreitet er; er tausche mit ihnen nur unregelmäßig „Informationen“ aus, so Schmidt. Auch Geldflüsse von Strache oder Gudenus schließt er strikt aus. Und: „Jack Unterweger habe ich vor zwanzig Jahren auch aus privatem Interesse aufgespürt.“

„Hinweis von HC“

Allerdings zeigen Chats, die dem STANDARD und der Presse vorliegen, dass Strache durchaus Rechercheanregungen an Schmidt weitergab. Schmidt meldete sich vor einigen Monaten etwa bei R., der Ex-Freundin des Ibiza-Detektivs J. H., die am Dienstag verhaftet wurde. „Ich habe heute von HC Hinweis auf SIE bekommen“, schrieb er ihr damals. Strache sei „von Helfern“ umgeben, da sei wohl ihr Name gefallen. Schmidt bestätigt die Nachricht – und auch, dass er R. das Angebote machte, für ihn Übersetzungen zu tätigen, „um sie einzukochen“. Außerdem brachte Schmidt über Heinz Schimanko, den Anwalt von Gudenus, eine umfangreiche Sachverhaltsdarstellung ein, die bei den aktuellen Razzien und Festnahmen eine Rolle gespielt haben dürfte. Schimanko bestätigt das. „Der Herausgeber der EU-Infothek, Prof. Gert Schmidt, und deren Redaktion leisten maßgebliche Aufdeckungsarbeit in der Ibiza-Affäre, was natürlich auch im Interesse des Mag. Gudenus ist.“ Geld sei aber nicht geflossen. Letzteres sagt auch Straches Anwalt Johann Pauer.

Strache hatte offenbar auch mit einem weiteren Verdächtigen Kontakt. Er soll mit ihm über die Herausgabe des kompletten Ibiza-Videos verhandelt haben. Laut Anordnung der Staatsanwaltschaft wollten die Ibiza-Hintermänner dafür 400.000 Euro; Strache sammelte angeblich Investoren. Das dementierte Straches Anwalt erneut.

Schmidt war bislang vor allem im Glücksspielkontext aufgefallen. Die Novomatic bestätigte, mit Schmidt beim Thema illegale Glücksspielautomaten zu kooperieren, nicht aber beim Thema Ibiza. Und: Das Ibiza-Video, in dem die Novomatic vorkommt, sei dem Glücksspielkonzern nie angeboten worden. In dem Clip behauptet Strache, Novomatic „zahlt alle“. (Fabian Schmid, 20.11.2019)

Mehr zum Thema:

Drei Verdächtige in Causa Ibiza-Video weiter in Haft