Der Motorradkonzern KTM AG klagte den Fahrradhersteller KTM Fahrrad GmbH wegen eines Markenlizenzvertrags.

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Wien – Wann ist ein E-Bike noch ein Fahrrad, und wann wird es zu einer Art Kleinmotorrad? Über diese Frage streiten zwei österreichische Unternehmen, die sich den gleichen Markennamen teilen, seit vielen Jahren. Nun hat der Oberste Gerichtshof entschieden – zugunsten der KTM Fahrrad GmbH und gegen den größeren und bekannteren Motorradhersteller KTM Industries AG und dessen Hauptaktionär Stefan Pierer, der nun Pierer Mobility Group AG heißt.

Auch ein E-Bike, das von seiner Bauart her schneller als 25 km/h fahren kann und deshalb wie ein Moped registriert werden muss, bleibt ein Fahrrad, entschied der OGH. Die KTM-Markenrechte für solche Zweiräder hält allein der von Carol Urkauf-Chen kontrollierte Fahrradproduzent.

Stefan Pierer verlor den Streit um Markenrechte.
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Die Geschichte geht fast 30 Jahre zurück. 1991 ging die KTM in Mattighofen pleite und wurde beim Verkauf in ein Motorrad- und ein Fahrradunternehmen aufgeteilt. In einem Markenlizenzvertrag wurde klar geregelt, dass die KTM Industries Motorräder unter dem Namen vertreiben darf, die KTM Fahrrad Fahrräder. Dieser Vertrag ist nur aus außerordentlichen Gründen kündbar, also wenn eine Seite gegen die Vereinbarung grob verstößt.

Pierer drängt in den E-Bike-Markt

Das hat jahrzehntelang gut funktioniert. Doch mit der Ausbreitung von E-Bikes haben sich die Grenzen zwischen den beiden Produktklassen immer mehr verwischt. KTM Fahrrad produzierte immer leistungsstärkere Zweiräder, sogenannte S-Pedelecs. Pierer drängte inzwischen in den E-Bike-Markt und hat sich dafür mit einem deutschen E-Mountainbike-Hersteller zusammengetan. Ab 2022 will Pierer außerdem in Indien elektrische Zweiräder mit drei bis zehn Kilowatt Leistung herstellen, was deutlich über der 250-Watt-Leistung von normalen E-Bikes liegt.

KTM-E-Bikes laufen gut.
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Diese Räder müssen unter dem Namen Husqvarna vertrieben werden, weil Pierer die Markenrechte für KTM-Fahrräder fehlen. Über eine Klage gegen die KTM Fahrrad versuchte er das zu ändern. In der Klagsschrift wurde argumentiert, dass die leistungsstarken S-Pedelcs keine Fahrräder, sondern Kraftfahrräder sind und daher eher in die Motorradkategorie fallen. Außerdem wird der KTM Fahrrad vorgeworfen, eine neue Wortbildmarke namens Veneto angemeldet zu haben, ohne den vorgesehenen Mechanismus einzuhalten.

Solange man treten muss

Die KTM Fahrrad wendete ein, dass auch die S-Pedelecs nur dann fahren, wenn in die Pedale getreten wird, und daher ein Fahrrad bleiben. Sie behielt in allen drei Instanzen recht: Der OGH bestätigte die Entscheidungen der Unterinstanzen, wonach es für Pierer "nicht unzumutbar" ist, am Lizenzvertrag festzuhalten.

Aber noch ist der Streit nicht endgültig entschieden: Pierer verwies auch auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, "Martin y Paz" (EuGH 19.9.2013, C-661/11), wonach die Kündigung eines Lizenzvertrags auch ohne wichtigen Grund möglich und zulässig ist. Doch diese Frage verwies der OGH zurück an die Unterinstanzen und betonte, dass eine Kündigung nur unter Einhaltung einer angemessenen Frist infrage kommt. Vorerst also wird Pierer seine Fahrräder nicht unter der Marke KTM vertreiben dürfen, egal wie stark sie sind (OGH 24.9.2019, 4 Ob 87/19 a, Lexis Nexis News). (Eric Frey, 21.11.2019)