Eine Lithium-Ionen-Batterie gerät leicht in Brand. Konsumenten unterschätzen die Gefahr.

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Wien – Der jüngste Aufreger passierte in Tirol. Vor einigen Wochen war ein Tesla nach einem Unfall in Brand geraten. Dass es der 600 Kilogramm schwere Akku war, ist nicht gesichert. Fakt ist, dass der Stromer von der Feuerwehr mühsam geborgen werden musste und dann nach einem mehrtägigen Bad in einem Wassercontainer der Dinge harrte, weil sich kein Entsorgungsbetrieb in der Lage sah, den Tesla fachgerecht zu zerlegen. Tesla hatte zwar laut Austria Presseagentur eine Firma angegeben, an die man sich im Falle einer Entsorgung wenden soll, die hatte jedoch keine Lizenz dafür. Diese wird vom Verkehrsministerium ausgestellt, dort habe sich aber noch niemand von Tesla diesbezüglich gemeldet. Das Problem wurde erst gelöst, als Techniker von Tesla anreisten, um den beschädigten Lithium-Akku auszubauen.

Ein aufsehenerregender Fall, der allerdings die Dimension des Problems nur unzureichend beschreibt. Denn gesetzlich sind die Autohersteller verpflichtet, sich um die Entsorgung ihrer Fahrzeuge zu kümmern, auch wenn das in Tirol nur leidlich funktionierte. Die eigentliche Gefahr lauert ganz woanders.

"Wir haben zu Hause teilweise den Teufel sitzen, im Kinderzimmer, im Auto, in der Schublade": Roman Sykora greift zu drastischen Worten, wenn er die Gefahr beschreiben soll, die von Lithiumbatterien ausgehen kann. Sykora weiß, wovon er spricht, ist er doch im Österreichischen Bundesfeuerwehrverband für das Sachgebiet "gefährliche Stoffe" zuständig. Sind die Hochleistungsspeicher beschädigt, so warnt er, geraten sie leicht in Brand. Und das passiert immer öfter. Jeden Tag sei in Deutschland mindestens ein Vorfall zu verzeichnen, sagt Peter Kurth, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft. Das kann durchaus dramatische Folgen haben, wie Sykora sagt. "Batterien können, wenn sie explodieren, eine Tür durchschlagen."

Unterschätzte Gefahr

Die Gefahr wird unterschätzt, da sind sich alle einig, die am Donnerstag auf Einladung des Verbands der Österreichischen Entsorgungsbetriebe (Voeb) angetreten sind, um einerseits die Konsumenten auf die "brandgefährlichen" Akkus hinzuweisen und andererseits das Problem auf den Tisch zu legen, dass die Entsorgung bis zum Recycling derzeit nur suboptimal funktioniert.

Zunächst einmal müsse sich jeder selbst an der Nase nehmen, sagt Sykora: "Zum Teil gehen wir damit zu salopp um." Sein Rat: Das Handy vorsorglich nicht am Sofa liegend laden, sondern auf einer festen Oberfläche wie dem Küchenkasten, der nicht so leicht entzündlich ist. Das E-Bike im Schlafzimmer mit Saft zu versorgen – auch das soll vorkommen – sei ebenfalls keine gute Idee, so Sykora.

Was die Konsumenten betrifft, so sind viele überfordert mit dem Thema, ergänzt Voeb-Präsident Hans Roth. Viele wüssten gar nicht so genau, wo überall eine Lithium-Ionen-Batterie eingebaut sei, andere wiederum sind sich der Gefährlichkeit nicht bewusst und noch andere schmeißen sie einfach in den Müll. Auch im Bioabfall wurden sie schon gesichtet. Nur jeder zweite Österreicher würde alte Batterien korrekt entsorgen. Produkte mit Lithiumbatterien sind ausschließlich in den dafür vorgesehenen Sammelboxen im Handel oder bei Altstoffsammelzentren getrennt zu entsorgen.

Wachsendes Problem

Das Problem wird mit jedem Tag größer. Roland Pomberger von der Montanuniversität Leoben warnt vor einer Verdoppelung von derzeit 1,4 auf 2,8 Millionen Lithiumbatterien im Restmüll, die Feuerwehr geht von einer weiteren Zunahme von gefährlichen Bränden aus. Noch kommt die größte Menge an Lithium-Ionen-Batterien aus Rasenmähern, Akkuschraubern, Winkelschleifern und Co. In einigen Jahren wird die Zahl, die aus Fahrzeugen wie Fahrrädern oder Scootern kommt, mengenmäßig diese Batterien ablösen.

"Mit der E-Mobilität treten die Lithium-Ionen-Akkus ihren Siegeszug an", sagt Peter Kurth. Ganz besonders die starke Zunahme der E-Mobilität macht die Frage des Recyclings und der Entsorgung der gebrauchten Lithium-Ionen-Akkus von einem Randthema zu einer großen, offenen Frage. Seit rund zehn Jahren ist eine relevante Zahl der zweirädrigen Stromer auf dem Markt. Nach maximal fünf Jahren ist so eine Batterie ein Entsorgungsfall", so Kurth. Noch ist der Rücklauf an Lithium-Ionen-Batterien, wie sie in E-Bikes verwendet werden, relativ gering.

Gefahrenhinweise und Pfand

Die Batterieverordnung schreibt ganz grundsätzlich eine Sammelquote vor, die auch erfüllt wird. 45 Prozent aller in den Verkehr gebrachten Batterien müssen zurückkommen. Das reicht laut Voeb-Präsident Roth nicht aus. "Wir brauchen eine höhere Quote". Kurth hat noch ganz andere Ideen. Zunächst einmal müsse man auch die Hersteller stärker in die Pflicht nehmen, sagt er. Deutliche Gefahrenhinweise hält er ebenso für unabdingbar wie eine Bauweise der Geräte, die ein Entnehmen der Akkus erlaubt. Daneben sollten sich die Hersteller auch verstärkt in die Informationsarbeit einbringen, die derzeit vielfach von den Kommunen erbracht wird, lautet eine andere Forderung in der Runde. Am Ende werde man um ein Pfandsystem nicht herumkommen, davon ist Kurth überzeugt. 50 Euro je Batterie hält er für angemessen. (rebu, 22.11.2019)