Insgesamt 22.134 Bestattungen aus unterschiedlichen Epochen wurden unter dem St. Pöltner Domplatz entdeckt, für die Archäologen ist es das "weltweit umfangreichste ortsgebundene Bioarchiv menschlicher Skelette".

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St. Pölten – Zehn Jahre wurde der Untergrundes des Domplatzes in St. Pölten archäologisch untersucht. Nun ist die wissenschaftliche Erkundung zumindest vor Ort abgeschlossen und es kann mit der Neugestaltung des Areals begonnen werden. Die Untersuchung der geborgenen Funde wird freilich noch einige Jahre in Anspruch nehmen.

Die Erkenntnisse der Archäologen und Anthropologen seien allerdings jetzt schon "sensationell" und in vielen Bereichen müssten die "Geschichtsbücher neu geschrieben werden", erklärte Bürgermeister Mattias Stadler zum Ende des 7,8 Millionen Euro teuren Projektes. Außerdem freute das Stadtoberhaupt, dass dem anfänglichen Unmut über die Grabungen ein breites Interesse der Bevölkerung gewichen sei. Mittlerweile interessierten sich neben Wissenschaftern auch die Besucher der Stadt für den Ort.

Römische Bauten und mittelalterliche Kirchen

Unter anderem wurde aus der späten Römerzeit (4. Jahrhundert) ein mehrteiliger Gebäudekomplex, bestehend aus einem Badehaus, einem großen Repräsentationssaal sowie einem Verwaltungs- und Wohngebäudetrakt, entdeckt, der dem Sitz des zivilen Statthalters zugesprochen werden könne. Weiters wurde von den Forschern eine der ältesten Kirchen Niederösterreichs dokumentiert. Für das 9. Jahrhundert gelang der Nachweis der zivilen Siedlung Treisma. Im Spätmittelalter gab es dann insgesamt vier große Kirchen im Bereich des Areals, damit war der heutige Domplatz schon damals ein religiöses Zentrum.

Über 22.000 Bestattungen

Mit insgesamt 22.134 freigelegten Bestattungen aus dem 9. bis ins 18. Jahrhundert habe die Stadt das "weltweit umfangreichste, ortsgebundene Bioarchiv menschlicher Skelette", resümierte Stadtarchäologe Ronald Risy die Grabungsgeschichte der letzten zehn Jahre. Ende 2022 soll die Neugestaltung der Fläche dann abgeschlossen sein. Weiters soll nach der Ernennung zur niederösterreichischen Landeskulturhauptstadt 2024 weitergeforscht werden. Auf Anfrage teilte die Stadt mit, dass die neu gewonnen Erkenntnisse dann bei einer Ausstellung im Stadtmuseum präsentiert werden. (red, APA, 22.11.2019)