Die Luftaufnahme zeigt die Kueishantao-Vulkaninsel vor der Ostküste Taiwans.

Foto: Mario Lebrato, Uni Kiel

Die säurehaltigen heißen Quellen im Flachwasser der Vulkaninsel offenbaren sich auf dieser Aufnahme als weißliche Verfärbung des Meerwassers durch Schwefel.

Foto: Mario Lebrato, Uni Kiel

Unterwasseraufnahme von Gasaustritten im Flachwasser bei der Vulkaninsel Kueishantao. Die Gase sind reich an Kohlendioxid und Schwefelverbindungen und führen zur Versauerung des Meerwassers.

Foto: Mario Lebrato, Uni Kiel

Unterwasservulkane stellen für marine Organismen extreme Lebensräume dar – und doch vermutet man mittlerweile, dass beispielsweise sogenannten "Black Smoker", hydrothermalen Quellen am Grund der Tiefsee, eine wesentliche Rolle bei der Entstehung des Lebens auf der Erde gespielt haben könnten. Das küstennahe Gebiet rund um die Vulkaninsel Kueishantao im Nordosten Taiwans verfügt über ein einzigartiges derartiges Hydrothermalfeld mit einer Vielzahl an heißen Quellen und vulkanischen Gasen. Das gut zugängliche Flachwasser gehört damit zu den idealen Umgebungen, um die Anpassungsfähigkeiten von zum Teil hoch spezialisierten Lebewesen versauertes und toxisches Meerwasser zu untersuchen.

Zwei Katastrophen

Rund zehn Jahre hatten Meeresforscher von der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gemeinsam mit chinesischen und taiwanesischen Kollegen regelmäßig Daten zu geologischen, chemischen, biologischen Prozessen erhoben, als im Jahr 2016 zwei Ereignisse die Ergebnisse der Zeitreihe unterbrachen. Erst wurde die Insel von einem Erdbeben erschüttert und nur wenige Wochen später von dem schweren tropischen Taifun Nepartak getroffen.

Auf Grundlage ihrer seit Jahren erhobenen Daten konnten die Wissenschafter aber nun erstmalig aufzeigen, dass sich biogeochemische Prozesse durch die Folgen des enormen Erdbebens und Taifuns verändert hatten und wie sich unterschiedliche Organismen im Laufe nur eines Jahres grundsätzlich erneut anpassen konnten. Die ersten Resultate, wurden nun in der internationalen Fachzeitschrift "Nature Scientific Reports" veröffentlicht.

Ozeanversauerung im Zeitraffer

Der ausgewählte Standort am flachen Hydrothermalsystem "Kueishantao" weist eine Vielzahl an Kohlendioxid-Austritten im flachen Wasser auf. Darüber hinaus setzen die Quellen toxische Metalle frei. Schwefel verfärbt das Wasser über große Flächen. Die vulkanischen Gase weisen zudem einen hohen Anteil an Schwefelverbindungen aus und führen zu einer starken Versauerung des Meerwassers. Damit lassen sich dort auch wichtige Erkenntnisse zu den Auswirkungen der Ozeanversauerung auf marine Lebensgemeinschaften gewinnen. In unmittelbarer Nähe der Quellen leben nur wenige spezialisierte Tierarten wie Krebse, Schnecken und Bakterien. Nur einige Meter weiter herrscht dagegen das vielfältige Leben eines tropischen Ozeans.

Nach den schweren Ereignissen im Jahr 2016 veränderte sich das Untersuchungsgebiet völlig. Der Meeresboden wurde unter einer Schicht von Sediment und Gesteinsschutt begraben. Zudem versiegten die sauren Warmwasserquellen, und auch die Zusammensetzung des Meerwassers hatte sich großräumig und für einen längeren Zeitraum deutlich verändert. Luftaufnahmen mit Drohnen, Probenahmen durch Forschungstaucher aus Kiel und Taiwan und biogeochemische Untersuchungen zeigten deutlich das räumliche wie chemische Ausmaß der Störungen.

Katastrophe als Glücksfall

Diese wurden vom Biologen und Forschungstaucher Mario Lebrato vom Institut für Geowissenschaften an der Uni Kiel und seinem taiwanesischen Kollege Li Chun Tseng federführend erfasst und mit den Ergebnissen früherer Probennahmen verglichen. "Was anfangs wie eine Katastrophe auch für unsere laufende Zeitreihenuntersuchung aussah, erwies sich im Nachhinein als Glücksfall. So bekamen wir die seltene Gelegenheit, unmittelbar nach solchen Ereignissen zu beobachten, wie sich Organismen an die schweren Störungen anpassen. Wir konnten dafür auf eine umfassende Datenbasis zurückgreifen", erläutert Projektleiter Dieter Garbe-Schönberg, ebenfalls von der Uni Kiel. (red, 25.11.2019)