Leipzig – Die deutsche CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat den Delegierten auf dem Parteitag in Leipzig ihren Rückzug vom Parteivorsitz angeboten. Wenn diese andere Vorstellungen von der Zukunft des Landes hätten, "dann lasst es uns hier und heute ansprechen oder auch beenden". Schon vor dem Treffen hatte die Verteidigungsministerin angekündigt, ihre Kritiker in der Partei zu einer Entscheidung zwingen zu wollen.

Sei das nicht der Fall, "dann lasst uns jetzt und hier und heute die Ärmel hochkrempeln und lasst uns anfangen", fügte sie hinzu und wurde mit lautem Applaus und stehenden Ovationen bedacht.

Zuvor hatte sie ihre Partei vor schädlicher Selbstkritik gewarnt. Es sei "keine erfolgreiche Wahlkampfstrategie", wenn sich CDU-Politiker nun von der Bilanz der 14-jährigen Regierungszeit von Kanzlerin Angela Merkel distanzierten, sagte Kramp-Karrenbauer.

Keine Personaldebatten

Für die CDU und ihre Wahlkämpfer sei es schädlich, "wenn man den Bürgern sagt, es war alles schlecht in den letzten 14 Jahren", so Kramp-Karrenbauer. Sie räumte ein, dass die CDU seit ihrem Amtsantritt ein "schwieriges Jahr" durchgemacht habe – "das gebe ich ganz offen zu". Zugleich warnte sie aber vor Schwarzmalerei: Vor dem Parteitag sei in vielen Medienberichten die Rede davon gewesen, dass in Leipzig eine "Revolution, ein Aufruhr" bevorstehe. "Wir lassen uns nicht in den Ruin hineinschreiben", mahnte sie.

Ein Ausschnitt aus Kramp-Karrenbauers Rede.

Kramp-Karrenbauer rief die Partei dazu auf, sich Personaldebatten zu verkneifen. "Was wir tun müssen", sei die Frage, die die Menschen interessiere. Das interessiere "wesentlich mehr", als "wer was werden kann", sagte sie unter dem Applaus der Delegierten.

Einen Seitenhieb leistete sich die CDU-Chefin auf die Junge Union, die ihre Amtsführung offen kritisiert hatte. Sie erinnerte daran, dass die JU 1997 den Rücktritt Helmut Kohls als CDU-Chef gefordert hatte. Heute werde das erneut von der JU "als Führungsfrage aufs Tablett gebracht", sagte sie. "Das gab es schon immer. Wir halten solche Diskussionen aus."

Merkels Bilanz

Merkel selbst riet ihrer Partei zur Geschlossenheit auf. Die CDU solle das Motto des letztjährigen Parteitags "beherzigen" – das lautete "Zusammen führen und zusammenführen". Wenn sich die CDU daran halte, könne sie auch das diesjährige Motto "Realität werden lassen", sagte die Kanzlerin – "Deutschlands starke Mitte". Sie selber wolle daran "weiter arbeiten als Bundeskanzlerin".

In ihrem Grußwort ging die frühere CDU-Vorsitzende kaum auf Parteiangelegenheiten ein, sondern zog eine Bilanz ihres Regierungshandelns. Sie erinnerte daran, dass sie auf den Tag genau vor 14 Jahren erstmals zur Kanzlerin gewählt worden sei. "Das ist und bleibt etwas ganz Besonderes für mich", sagte sie. "Nicht in meinen kühnsten Träumen konnte ich mir damals vorstellen, dass nach meiner ersten Wahl vier Legislaturperioden folgen sollten." Merkel war zuvor mit langem Applaus begrüßt worden. (APA, AFP, 22.11.2019)