Wien – Der Presserat hat die Veröffentlichung eines Videos der Stuttgarter Schwertattacke im August als Verstoß gegen den Ehrenkodex verurteilt: Menschenwürde und Opferschutz seien dadurch "grob missachtet" worden. Betroffen sind die Onlinemedien oe24.at und krone.at sowie ein Beitrag auf wochenblick.at.

Videos von der tödlichen Attacke am 1. August hatten sich schnell im Internet verbreitet, die deutsche Polizei hatte damals sogar aktiv Nutzer kontaktiert und aufgefordert, das Material offline zu stellen. Auch in den genannten österreichischen Medien war ein Video zu sehen, auf wochenblick.at sei zudem ein verpixeltes Bild des Opfers beigefügt gewesen, schrieb der Presserat am Freitag. Auf dem Video "sticht der verpixelte Täter immer wieder mit dem Schwert nach unten. Das Opfer ist nicht zu sehen", beschrieb er den Sachverhalt.

Leser hatten sich mit Beschwerden an den Presserat gewendet und die Veröffentlichung als pietätlos kritisiert. Der Senat 2 befand nun: "Aufnahmen im Moment des Todes betreffen neben der Würde auch die Intimsphäre des Sterbenden", damit sei der Punkt 6 des Ehrenkodex für die österreichische Presse berührt. "Die Veröffentlichung des drastischen Bildmaterials verletzt somit klar die Persönlichkeitssphäre des Ermordeten."

Dabei spiele es angesichts der außerordentlichen Brutalität auch keine Rolle, dass das Opfer nicht im Bild war. Das Material sei nicht zwecks Information veröffentlicht worden, sondern habe "der Befriedigung des Voyeurismus und der Sensationsinteressen gewisser Leserinnen und Leser" gedient. "Die brutalen Bilder wurden wohl nur deshalb verwendet, damit sich die Beiträge stärker im Internet verbreiten." Damit seien die betroffenen Medien "ihrer Filterfunktion nicht gerecht" geworden. (APA, 22.11.2019)