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Novak Djokovic ist mit von der Partie.

Foto: REUTERS/Susana Vera

Madrid – Gerard Pique sieht in diesen Tagen nicht immer glücklich aus. Zwar bemüht sich der Weltklassefußballer und Geschäftsmann in Personalunion, gute Miene zu machen. Doch den Start in die von ihm und seiner Investmentfirma Kosmos verantwortete neue Ära des Daviscups hätte sich der Spanier ein bisschen positiver vorgestellt.

Denn bei der ersten Auflage des neuen Formats in der spanischen Hauptstadt Madrid werden in dieser Woche viele Tücken sichtbar, die es dringend auszumerzen gilt, soll das Projekt zu einem Erfolg werden. Eine Übersicht über Vor- und Nachteile des neuen, milliardenschweren Events:

PRO:

Stars: Im Vorfeld hatten auch die meisten Topspieler das neue Format abgelehnt. Der Modus mit 18 Teams in sechs Dreiergruppen, der Zeitpunkt spät im November und damit am Ende einer langen Saison – das alles wirkte auf die Stars der Branche eher ablehnend. Doch der Reiz, für sein Land zu spielen, überwog dann doch bei vielen, sodass immerhin sieben der Top-12-Spieler in Madrid dabei sind. Auch wenn man hört, dass bei Rafael Nadal und Novak Djokovic auch finanziell ein bisschen nachgeholfen wurde.

Niveau: In der Gruppenphase gab es einige hochklassige und bis zum Schluss spannende Partien. Nadal gegen Chatschanow, Struff gegen Schwartzman, Berrettini gegen Shapovalov – bei diesen Spielen kamen die Zuschauer auf ihre Kosten. Für die meisten Spieler ist es immer noch eine Ehre, ihr Land zu vertreten – Modus hin oder her.

KONTRA:

Zu viele Spiele: In der Gruppenphase rauschten viele Partien an den Beobachtern und Zuschauern vorbei. Drei Begegnungen mit je zwei Einzeln und einem Doppel parallel – da verlor mancher den Überblick. "Es fühlte sich wie ein Sprint an", beschrieb es die "New York Times". Das bisherige Format mit Heim- und Auswärtsspielen, vier Einzeln und einem Doppel über drei Tage verteilt war deutlich übersichtlicher.

Kaum Zuschauer: das größte Problem. Wenn nicht gerade Spanien mit Rafael Nadal spielt, bleiben viele Plätze in den drei Arenen leer. Vor allem in den beiden kleineren Stadien fanden einige Partien fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. So war bei den beiden deutschen Gruppenspielen gegen Argentinien und Chile das 3.500 Zuschauer fassende Stadion 2 nicht einmal zur Hälfte gefüllt. Die Nationen aus Südamerika konnten sich noch über Support freuen, weil viele ihrer Landsleute in Madrid leben. Amerikanische oder deutsche Anhänger sind dagegen fast gar nicht in Madrid. Der Fanclub aus Frankreich, in der Vergangenheit stets für Stimmung gut, boykottiert das Event wegen des neuen Formats. "Kosmos muss sich wirklich Gedanken machen, wie sie ein paar Leute in die Hallen bekommen", sagte US-Teamchef Mardy Fish.

Zeitplan: Das Teilnehmerfeld mit 18 Mannschaften ist für ein Event in einer Woche einfach zu groß, der Spielplan daher zu dicht gedrängt. Immer wieder fingen Spiele der Night Session später an, weil die um 11 Uhr begonnenen Begegnungen noch nicht beendet waren. Die Folge: Zahlreiche Spiele endeten erst weit nach Mitternacht, das Doppel zwischen den USA und Italien sogar erst um 4.04 Uhr. "Das sorgt für Probleme für uns, aber auch für die Zuschauer, die hier auf die Anlage kommen", kritisierte der Weltranglisten-Erste Rafael Nadal.

Zu viele Events: Lavercup, Daviscup, ATP-Cup – es gibt einfach zu viele Veranstaltungen nach gleichem Muster. Vor allem in Sachen Daviscup und ATP-Cup müssen die Verantwortlichen eine Lösung finden. Beim ATP-Cup spielen Anfang Jänner in drei australischen Städten 24 Teams um den Titel. Innerhalb von sieben Wochen gibt es also einen Daviscup- und ATP-Cup-Champion. Weshalb Djokovic und Nadal eine Verschmelzung der beiden Wettbewerbe vorschlagen – was angesichts der unterschiedlichen Interessen von Weltverband und Kosmos (Daviscup) und ATP (ATP-Cup) aber eher unwahrscheinlich ist.

Kritik gibt es auch am ATP-Cup: da für diesen Teambewerb bis zu 750 Punkte geholt werden können, aber vor allem, weil er als 19. Turnier Aufnahme in die Weltranglistenberechnung findet. So beklagen sich Spieler starker Nationen darüber, dass schwache Nationen mit Rankings weit hinter ihnen dieses zusätzliche Turnier in ihre Punkteabrechnung bekommen können, weil sie eben fix antreten. Nur die zwei besten Einzelspieler pro Nation dürfen antreten, der drittbeste schaut durch die Finger. (APA, 22.11.2019)