Tala Madani zeigt in ihrer Ausstellung "Shit Moms" übermüdete Mütter. Sie sitzen matt auf der Couch oder liegen erschöpft am Boden, während der Nachwuchs wie in "Shit Mom (Dream Riders)" Aufmerksamkeit fordert.

Foto: Lee Thompson

Oft wirken Tala Madanis Leinwände leer, etwa "Shit Mom (Disco Babies)".

Foto: Courtesy of the Artist und David Kordansky, Los Angeles

Ron Nagles Keramikobjekte sind kleine, bunte Preziosen. Man kriegt nicht so schnell genug von ihnen

Foto: Ron Nagle, Courtesy Matthew Marks Gallery

In der Secession riecht es nach Ölfarbe. Die Bilder von Tala Madani sind atelierfrisch aus Los Angeles nach Wien gereist. Es könnte noch wesentlich unangenehmer duften, denkt man an den Titel der Schau: Shit Moms. Die umgangssprachliche Wendung für schlechte Mütter nimmt die Künstlerin in über 30 großen und kleineren Gemälden wörtlich.

Auf einem sitzt zum Beispiel ein brauner Haufen in einem pink bezogenen Bett, herum stehen pausbäckige nackte Babys und greifen sehnsüchtig danach. Eine andere Shit Mom schaut auf ihr am Boden liegendes Baby hinab. Woanders reiten Kinder auf ihrer gatschig zerlaufenden Kotmutter.

Diese drastischen Bilder verdanken sich einem Zufall. Als die Künstlerin, 1981 in Teheran geboren, ihr zweites Kind bekommen hatte und nach Monaten wieder im Studio stand, wollte sie eine Mutter-Kind-Szene malen. Das geriet aber kitschig. Sie wischte die Mutter weg, der Effekt gefiel ihr. Madani wundert sich noch immer, dass noch nie jemand so etwas gemalt hatte.

Gefahrenquelle Penis

Immerhin ist die Ikonologie von Mutter und Kind eine der populärsten der westlichen Kunstgeschichte – stets mit einem Höchstmaß an Harmonie und Idealisierung umgesetzt. Madanis Mütter sind bemüht, doch genauso sehr auch überfordert und übermüdet.

Vor den Müttern hat Madani Männer in der Krise gemalt. Als herrenlose Spermaflecken und in Trickfilmen vom vergangenen Jahr sind sie in Shit Moms gegenwärtig. In einem Film trägt eine Gruppe von Männern einen riesigen Penis, richtet ihn auf, er fällt um und zermatscht sie. In einem anderen beginnt ein Kerl im Kino zu masturbieren. Er nestelt seinen Penis aus der Hose, der wächst daraufhin unaufhörlich, gerät außer Kontrolle und schlägt um sich.

Rund und bunt

Madanis Arbeiten haben Witz, sind intim und zugleich ambivalent. Sie wirken wegen ihrer drastischen Motive, malerisch geben die oft leer wirkenden Leinwände aber weniger her. Wirklich zum Schauen laden im Keller kleine Objekte des ebenso aus Kalifornien stammenden Ron Nagle ein. Der ist 80 Jahre alt und beschäftigt sich seit derer 60 mit quietschbunt glasierten und nie mehr als 15 Zentimeter großen Keramiken.

Jede der poppigen Preziosen ist entweder in eine erleuchtete Nische in die Wand eingelassen oder steht auf einem eigenen Sockel. Sie erinnern an Weltraumstädte oder Formen aus der Biologie oder Spielzeugwelt. Ihre Oberflächen sind rau, glatt, porös, glänzend, gewellt, gebogen. Nagle begreift seine Arbeiten als dreidimensionale Gemälde. Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. (Michael Wurmitzer, 22.11.2019)