Dives alias Viktoria Kirner, Tamara Leichtfried und Dora de Goederen.

Foto: Neven Allgeier

Der aus den USA kommende Begriff Garage-Pop oder -Rock steht in der Geschichte populärer Musik für junge Menschen, die noch zu Hause bei den Eltern wohnen. Dank einer Drei- oder Vierfachgarage draußen in den Einöden von Idaho, Iowa oder Illinois besteht für die Jugend bei nur zwei herumstehenden Autos der Alten in der Hütte die Möglichkeit, auf dem freien Platz Krach zu machen – so der Papi dort nicht seine Panzerfaustsammlung hortet.

Der Krach klingt seit den 1960er-Jahren immer entschieden wilder, räudiger, primitiver, durch geschotterter und rauflustiger als die Musik aus den zivilisierteren Weltgegenden. Man erinnere sich an legendäre Bands wie The Sonics (Psycho), The Kingsmen (Louie Louie) oder die Trockensurfer The Trashmen aus Washington, die mit Surfin' Bird die Beach Boys zum Frühstück inhalierten.

Hierzulande geht man zum Rocken eher selten in die Garage, noch seltener in den unsere schöne Heimat architektonisch dominierenden Carport. Weite Teile der hiesigen Kultur spielen sich im Keller ab.

Siluh Records

Von dort und einer vor drei Jahren erfolgten Gründung im Rahmen des jährlichen feministischen Pink Noise Girls* Rock Camp kommt auch das Wiener Frauentrio Dives. Nach einem rasanten Aufstieg und internationaler Liveerfahrung zwischen Elbstrand und Balkan liegt nun mit "Teenage Years Are Over" (Siluh Records) ein tolles und trotz aller historischen Rückverweise frisches Debütalbum der Musikerinnen Viktoria Kirner, Tamara Leichtfried und Dora de Goederen vor.

Stimmig produziert von Wolfgang Möstl von Mile Me Deaf oder den legendären Killed By 9 Volt Batteries, stellen sich auch die Dives tief im Hallraum gern aufs Surfbrett. Sie gleiten mit mehrstimmigem, oft lieblichem Gesang, der aber ein Messer hinter dem Rücken versteckt, Richtung Sixties-Garage. Wenn das windschief und neben der Spur klingt, ist das durchaus beabsichtigt.

Siluh Records

Bass und Schlagzeug bilden die schön im Hintergrund rumorende Basis, dazu schneidet die ebenfalls tief in einer gefühlt 1000 Quadratmeter großen, leerstehenden Fabrikshalle umgehende Gitarre einfache Melodien in das rostgrüne Gerümpel aus DIY-Motivation, Protopunk, Sixtiespop, ein wenig New-Wavig-Eckigkeit und ewigwährendem Krach.

Der Song "Chico" haut uns Mansplainern und -spreadern ordentlich eine auf die Leerstelle zwischen den Ohren: "You feel uncomfortable with every word I say / I like it best when you keep your hands away."

"Tomorrow" könnte im Aufbau gar von U2 kommen, allerdings klingt er mehr konfrontativ-fordernd als nach ökumenischem Gottesdienst. Eine Coverversion findet sich auch: "Looking For A Fight" von der kalifornischen All-Female-Band Bleached: Da haben wir sie wieder, die Dreiheiligkeit Garage, Surf und Punk.