Hermann Schützenhöfer hat richtig taktiert: Die Vorverlegung der steirischen Landtagswahl von 2020 auf 2019 hat sich ausgezahlt, seine ÖVP ist der große Sieger des steirischen Wahlabends. Nach der Hochrechnung vom Sonntagabend konnte die ÖVP 36 Prozent der gültigen Wählerstimmen erreichen, das sind plus 7,6 Prozentpunkte und fünf Mandate mehr im Vergleich zu 2015. Bei den Wahlen 2015 lag die ÖVP noch auf Platz zwei.

Hermann Schützenhöfer wurde am Sonntag von den Parteifreunden gefeiert, er machte die ÖVP wieder zur stärksten Kraft.
Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Die Hochrechnung am Sonntagabend beinhaltet bereits eine Briefwahl-Schätzung. Von den rund 103.000 für die Landtagswahl ausgegebenen Wahlkarten dürften in etwa 90.000 tatsächlich genutzt worden und gültig sein. Diese Stimmen werden aber erst am Montag ausgezählt.

Sattes Minus für die SPÖ

Für die SPÖ brachte der Wahlabend an der Mur ein sattes Minus, sie rutschte um rund sechs Prozent auf 23 Prozent ab und verliert drei Mandate. Die Position von Spitzenkandidat und Parteichef Michael Schickhofer schien Sonntagabend aber nicht gefährdet. SPÖ-Landesgeschäftsführer Günther Pirker saget, die Frage nach der Zukunft Schickhofers stelle sich nicht, und auch der medial gern als „Parteirebell“ gehandelte Obersteirer Max Lercher meinte, es spreche nichts dagegen, dass Schickhofer bleibe, dieser habe gut gekämpft.

Der steirische SPÖ-Chef will seinen Posten nicht räumen. Sandra Krautwaschl, die Spitzenkandidatin der Grünen, freut sich über ihren Wahlerfolg.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

SPÖ-Landeschef Schickhofer selbst sieht im Wahlergebnis für die SPÖ „einen gemeinsamen Auftrag für den steirischen Weg. Ich bin gestartet bei Umfragen hinter der FPÖ, ich habe mehr erreicht als der Bund. Wir haben einen stabilen zweiten Platz.“ Er werde keine persönlichen Konsequenzen aus der Wahlniederlage ziehen, kündigte er an. „Ich werde die steirische SPÖ weiterführen.“

Noch größer war das Debakel für die krisengebeutelte FPÖ: Die Freiheitlichen verloren über neun Prozentpunkte und liegen mit 17,3 Prozent weit abgeschlagen auf Platz drei. Die FPÖ verliert gleich sechs Landtagssitze und fast zehn Prozentpunkte. Exverteidigungsminister Mario Kunasek, der in seinem Wahlkampf ganz auf die Ex-Minister-Karte setzte, konnte den Absturz nach den vielen FPÖ-Skandalen nicht abwenden. Über seine politische Zukunft war Sonntagabend nichts zu erfahren.

Der steirische FPÖ-Chef Mario Kunasek verliert sechs Landtagssitze.
Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Keine Mehrheit für Schwarz-Grün

Mit diesem Ergebnis im Rücken ist Schützenhöfer klar die Nummer eins in der Grünen Mark und kann sich seine Koalitionspartner aussuchen. „Vor fünf Jahren gab es drei gleich starke Parteien, und jetzt haben wir den Rückstand zur SPÖ in einen Vorsprung von mindestens zehn Prozent umgewandelt. Und auf die FPÖ haben wir mindestens 15 Prozent Vorsprung“, sagt Schützenhöfer in einer ersten Reaktion. Allerdings: Man sei nicht allein auf der Welt. Geht man nun von einer Zweiparteienkoalition aus, kann Schützenhöfer einen der beiden Wahlverlierer Sozialdemokraten oder Freiheitliche ins Boot holen. Am wahrscheinlichsten scheint hier die Fortsetzung der ÖVP-SPÖ-Koalition, sagen Politbeobachter in Graz.

Salzburger Modell

Die ebenfalls im Vorfeld der Landtagswahlen ins Spiel gebrachte schwarz-grüne Koalitionsvariante dürfte sich – zumindest nach den Hochrechnungen von Sonntagabend – nicht ausgehen. Die Grünen sind zwar mit rund zwölf Prozent (plus drei Mandate) erstmals in der Geschichte der steirischen Landespolitik zweistellig, gemeinsam mit den 18 Mandaten der ÖVP hätte Schwarz-Grün freilich nur 24 der 48 Mandate. Zu wenig für eine Zweiparteienkoalition.

Komplizierter wird die Koalitionsbildung auch, weil der steirische Landtag erstmals sechs Fraktionen hat. Die KPÖ, schon seit Jahren eine fixe Kraft in der steirischen Politik, hat zu ihren bisher zwei Mandaten eines dazugewonnen. Die KPÖ musste im Wahlkreis Graz, Graz-Umgebung die Sperrklausel eines Grundmandats überspringen.

Alle Prognosen der Hochrechner gingen aber Sonntagabend jedenfalls schon sehr früh von einem fixen Einzug und sogar einem Plus von 1,9 Prozent und eben drei Mandate für die Kernölkommunisten landesweit aus. Als „kollektiven Erfolg“ hat die Spitzenkandidatin der KPÖ, Claudia Klimt-Weithaler, das Ergebnis kommentiert.

Die KPÖ-Spitzenkandidatin Claudia Klimt-Weithaler freut sich über ein drittes Mandat.
Foto: APA/ERWIN SCHERIAU

Erstmals im steirischen Landesparlament sind die Neos. Sie kamen auf mehr als fünf Prozent und werden im künftigen steirischen Landtag mit zwei Mandaten vertreten sein.

Nimmt man die KPÖ rechnerisch und politisch aus den Koalitionsspekulationen heraus, böte sich für Schützenhöfer neben einem Bündnis mit einem der Wahlverlierer SPÖ oder FPÖ ein ÖVP-Grüne-Neos-Pakt an. Eine Variante, die im benachbarten Salzburg schon seit einigen Jahren zur Zufriedenheit der ÖVP mit Landeshauptmann Wilfried Haslauer II an der Spitze funktioniert – aber für die Steiermark als ziemlich unrealistisch gilt.

Gesunken ist auf jeden Fall die Wahlbeteiligung. Sie lag bei 63 Prozent der insgesamt rund 955.000 wahlberechtigten Steirern oder Steirerinnen.

Auswirkungen dürfte die Wahl auch auf das Parlament in Wien haben: Derzeit hat die SPÖ nämlich die Möglichkeit, Verfassungsänderungen, die in die Rechte der Länder eingreifen, im Bundesrat zu blockieren. Angesichts des schwachen Abschneidens in der Steiermark dürfte die SPÖ diese Sperrminorität aber verlieren. (Walter Müller, Thomas Neuhold, 25.11.2019)