Wo andere sich vor Scham verkriechen würden, hält Heinz-Christian Strache es nicht aus, von der Bühne verbannt zu sein.

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Der „völlige Rückzug“ aus der Politik währte keine zwei Monate lang. Pünktlich vor der steirischen Landtagswahl hat Heinz-Christian Strache jenes Comeback für sich reklamiert, das er Anfang Oktober ausgeschlossen hat: Die Wiener FPÖ solle seine Suspendierung aufheben, damit er sich als Spitzenkandidat für die Wahl in der Bundeshauptstadt bewerben könne, bot der offenbar unausgelastete Politfrühpensionist an – und toppt damit das „Bin schon weg, bin wieder da“-Getue seines verblichenen Lehrmeisters Jörg Haider.

Die Konkurrenten der FPÖ müssen da gar nicht viel an das Ibiza-Video und die Spesenaffäre erinnern – das erledigt der Exobmann mit seiner von den Medien genüsslich aufgegriffenen Irrlichterei auf Facebook schon selbst. Ausnahmsweise ist es nicht nur eine billige Sündenbock-Suche, wenn Freiheitliche nach dem Debakel bei der steirischen Landtagswahl klagen: Der Strache war’s!

Narzisstische Züge

Was führt ihn auf diesen Zerstörungstrip? An eine glänzende Wiederkehr kann der Gestrauchelte nicht ernsthaft glauben. Weil die Elite der Partei mit ihm deutlich gebrochen hat, würde ein Comeback zwangsläufig auf eine Spaltung der FPÖ hinauslaufen. Vielleicht schafft es eine Liste Strache in den Wiener Gemeinderat, doch von einer ähnlich machtvollen Position wie als Vizekanzler kann er nur träumen. Laut einer Market-Umfrage für den STANDARD wünschen sich elf Prozent der Wähler seine Rückkehr. Für eine regierungsrelevante Größe wird das kaum reichen – und selbst wenn, müsste Strache erst einen Partner finden, der seine unsägliche Vorgeschichte ausblendet.

Rache für seine Demontage durch ehemalige Parteifreunde mag als Motiv eine Rolle spielen, womöglich geht es auch ums Geld. Seriöse Unternehmen werden einem Politiker, der freimütig Korruptionsfantasien ausgebreitet hat, kaum mit Jobangeboten die Tür einrennen, da kann dieser noch so fett Vizekanzler a. D. in den Lebenslauf schreiben. Ein regelmäßiges Einkommen als Wiener Gemeinderatsmandatar wäre da kein Fehler.

Vor allem lässt sich Strache wohl aber von jener für Politiker nicht untypischen Eitelkeit leiten, die bei ihm allmählich narzisstische Züge anzunehmen scheint. Wo andere sich vor Scham verkriechen würden, hält er es nicht aus, von der Bühne verbannt zu sein – und betreibt damit das aus blauer Sicht gleiche destruktive Spiel, das er selbst Haider jahrelang vorgeworfen hat. (Gerald John, 25.11.2019)