Klaus Iohannis steht vor seiner zweiten Amtszeit.

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Nach der Wahl ist vor der Wahl. Gleich nach seinem Sieg am Sonntag kündigte der rumänische Präsident Klaus Iohannis an, weiterkämpfen zu wollen. „Der Krieg ist noch nicht zu Ende“, sagte der Staatschef und forderte die Rumänen auf, auch bei den kommenden Kommunal- und Parlamentswahlen in diesem Sinne abzustimmen. „Ich führe keinen Krieg gegen die Wähler der Sozialdemokraten“, meinte Iohannis. Er sei aber sehr wohl „im Krieg“ mit der Sozialdemokratischen Partei (PSD).

Diese martialische Ansage des 60-Jährigen, der nun seine zweite Amtszeit antritt und betonte, dass er der Präsident aller Rumänen sein wolle, zeigt, wie polarisierend die rumänische Innenpolitik weiterhin bleiben wird. „Iohannis porträtiert die Sozialdemokraten als Feinde, weil er seinen Wahlsieg nur als ersten Schritt sieht“, sagt der politische Analyst Radu Magdin zum STANDARD.

Option Neuwahl

Im Mai werden die Bürgermeister gewählt. Offen ist, wann die Parlamentswahlen stattfinden werden. Für die regierenden Nationalliberalen (PNL), aus dessen Reihen auch das Staatsoberhaupt kommt, wäre es wohl das Beste, das derzeitige Hoch zu nützen und kommenden Frühling die Bürger auch auf nationaler Ebene zu den Urnen zu bitten. Doch es ist unklar, ob das technisch möglich ist. Denn vorgezogene Neuwahlen sind nur vorgesehen, wenn der Premierminister keine Mehrheit im Parlament hat. Die neue Regierung unter Ludovic Orban ist aber gerade erst zwei Wochen im Amt. Es kann also durchaus sein, dass das Parlament erst in einem Jahr gewählt wird.

Bis dahin hat die Regierung nicht wirklich viel Spielraum, weil sie im Wahlkampf keine unpopulären Maßnahmen treffen kann. Der neue Premier vertritt eigentlich libertäre Positionen, doch massive Sparmaßnahmen und ein Zurücknehmen der ohnehin geringen Transferleistungen sind nicht mehrheitsfähig. Und Orban weiß das. Populär ist hingegen das Versprechen, die Antikorruptionsbehörde DNA wieder zu aktivieren. Diese war durch die sozialdemokratische Vorgängerregierung stark beschnitten worden, im Juli wurde Laura Codru?a Kövesi als Leiterin der Behörde entlassen.

Kövesi ist heute EU-Generalstaatsanwältin. Iohannis hat versprochen, auch in Rumänien selbst den Rechtsstaat wieder zu stärken. Er kündigte zudem an, in Zukunft aktiver zu sein. Er war im Wahlkampf dafür kritisiert worden, in den vergangenen fünf Jahren zu wenig weitergebracht zu haben. Nun haben manche die Sorge, er könnte sich zu viel in die Innenpolitik einmischen.

Wenn man ihm zuhört, ist es jedenfalls auffällig, dass Iohannis von „meiner Regierung“ spricht, so als wäre er Premierminister. Berechnungen des Instituts Ires zufolge dürfte er auf etwa 66,5 Prozent der Stimmen kommen, wenn auch alle Stimmen der Auslandsrumänien ausgezählt sind. Diese beteiligten sich bei der Wahl stärker als jemals zuvor – 930.000 von ihnen gaben am Sonntag ihre Stimme ab.

Machtkampf in der PSD

In der PSD ist mittlerweile der erwartete Machtkampf nach der Niederlage von Viorica Dancila ausgebrochen. Noch weigert sich die ehemalige Premierministerin, von der Spitze der Partei zurückzutreten. Kritik aus den eigenen Reihen kam vor allem von der Bürgermeisterin von Bukarest, Gabriela Firea: „Mein Gott, willst du wirklich, dass wir über die Hintertüre aus der Geschichte verschwinden?“, fragte die ehemalige Journalistin per Facebook und brachte sich damit auch als Nachfolgerin von Dancila ins Spiel.

Die Sozialdemokraten haben am Sonntag das schlechteste Ergebnis bei Präsidentschaftswahlen seit der Revolution vor 30 Jahren eingefahren. (Adelheid Wölfl aus Bukarest, 27.11.2019)