Der VR-Exklusivtitel "Half-Life: Alyx" markiert die Rückkehr in Gordon Freemans Welt – und begräbt zugleich die Hoffnung auf "Half-Life 3"
Ansichtssache
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Rainer Sigl
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"Half-Life 3 confirmed": Der Running Gag aus unzähligen Online-Foren zur Fortsetzung des Shooter-Kultspiels aus dem inzwischen schon gar sehr fernen Jahr 2004 hat auch schon einen meterlangen Bart. Seit dem Cliffhanger von Episode 2 aus dem Jahr 2007 wartet die treue Fangemeinde nun schon auf würdigen Nachschub. Half-Life: Alyx, vor kurzem von Valve als VR-Exklusivtitel angekündigt, wird wegen seines VR-Fokus wohl in den Augen vieler auch kein "richtiger" Nachfolger des klassischen First-Person-Shooters werden.
Ein "richtiger Nachfolger", das hieße für viele Fans: ein Singleplayer-Shooter, der intelligente Handlung mit solider Action, Physikrätseln und vor allem dramaturgischer Qualität verknüpft. Ein First-Person-Erlebnis, das ganz ohne "modernen" Klimbim wie Crafting, Looting oder Rollenspielelemente auskommt. Kein Open-World-Spielplatz, sondern ein lineares, dafür aber inszenatorisch spannendes Erlebnis, das statt bierernster Militainment-Schießbuden auch ein wenig bunten Science-Fantasy-Eskapismus zu bieten hat. Das schließt durchaus auch gelungene Genrenischen aus: "immersive Sims" wie die Deus-Ex- und Dishonored-Reihe, lineare On-Rails-Shooter wie die aktuellen Call of Duty-Teile, aber auch Open-World-Shooter wie Far Cry & Co. Wenn zugunsten einer Erzählung in durchgängiger First-Person-Perspektive auf Cutscenes verzichtet wird, kommt man dem Vorbild Half-Life dann schon recht nahe.
"Richtige" Nachfolger als Trost
Die schlechte Nachricht zuerst: Narrativ ambitionierte Spiele in der Tradition von Valves Bestsellern stehen seit längerem nicht gerade weit oben auf der To-do-Liste großer Entwickler und Publisher – der vor allem der Mitte der Nullerjahre mit Macht einsetzende Megaboom von Multiplayertiteln hat dafür gesorgt, dass die Half-Life-Reihe weniger hochkarätige Epigonen hervorgebracht hat, als man sich wünschen würde. Verantwortlich ist, wie immer, das liebe Geld: Die Mittel, die zu deren Entwicklung nötig wären, lassen sich seit Jahren mit "moderneren" Spielkonzepten von der abhakbaren To-do-Liste leichter wieder hereinspielen.
Multiplayerfokus, am besten Always-on, Games-as-a-Service, Open-World-Sandbox-Design, Lootboxen, Endgame-Grind – wer beim Lesen dieser Schlagworte so richtig Sehnsucht nach einem echten Erbe der Tugenden von Half-Life bekommt, sollte einen Blick auf die folgenden mehr oder weniger alten Shooter werfen; die haben nämlich auf die eine oder andere Weise dessen Vermächtnis mit Würde weitergetragen – und sind vielleicht durch ihre Qualität ein kleines bisschen mitschuldig daran, dass sich Half-Life 3 nicht und nicht realisieren ließ.
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