In der Nacht auf Sonntag kaperten rund 30 Aktivisten von Greenpeace im Hafen von Timaru in Neuseeland ein Versorgungsschiff der OMV. Sie protestierten gegen Bohrungen – bis die Polizei eingriff und das Schiff räumte.

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Das 20-Jahr-Jubiläum der Bohraktivitäten in neuseeländischen Gewässern hat sich die OMV sicher anders, jedenfalls unaufgeregter vorgestellt. Umweltgruppen wie Greenpeace rufen zum Widerstand gegen die Förderung von Öl und Gas auf. Zuletzt wurde sogar ein Versorgungsschiff gekapert, Verhaftung und anschließende Enthaftung inklusive.

Die Umweltschützer führen neben der Erderhitzung, deretwegen ein Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ohnehin unumgänglich sei, auch das Ökosystem an. Dieses sei speziell vor dem Küstenstrich Neuseelands, wo die OMV aktiv ist, besonders sensibel.

Aber warum gerade jetzt diese Aufregung und nicht schon früher? Schließlich bohrt die OMV seit Ende der 1990er-Jahre in den an Kohlenwasserstoffen reichen Gesteinsschichten vor der Küste Neuseelands nach Öl und Gas – die meiste Zeit ohne besonderen Gegenwind. Es sind wohl die klimatischen, politischen und zunehmend auch gesellschaftlichen Veränderungen, die dazu geführt haben, dass die Protestwelle gerade jetzt anschwillt.

So hat Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern nach ihrem Regierungsantritt 2018 ein Verbot neuer Offshore-Erkundungsbohrungen verkündet. Ardern, die es im Vorjahr dank einer Koalition an die Spitze der Regierung geschafft hat, machte das Thema Klimawandel zu einem Eckpfeiler ihrer Politik. Und das Bohrverbot, auf das Gruppen wie Greenpeace lange hingearbeitet haben, wird als Teil des nationalen Klimaplans verstanden.

Die Ziele, die Ardern ihrem Team steckte, waren unter anderem: Neuseelands Wirtschaft bis 2050 CO2-neutral machen und Strom bis zum Jahr 2035 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien generieren. Letzteres Vorhaben gemahnt stark an die „Mission 2030“ der vergangenen Regierung Kurz in Österreich. Nur dass dieses Ziel hierzulande schon fünf Jahre früher, nämlich 2030 erreicht werden soll, was trotz des hohen Wasserkraftanteils von über 70 Prozent ein Kraftakt wird.

Längere Übergangszeit

Bis das Bohrverbot in Neuseeland auf dem ganzen Territorium greift, werden wohl zwei oder drei Jahrzehnte vergehen. Denn es bezieht sich rein auf neue Genehmigungen. Bereits erteilte Genehmigungen, wie sie beispielsweise auch die OMV in Händen hält, sind von dem Bann nicht betroffen.

Greenpeace sprach dennoch von einem „historischen Moment“, während die konservative Opposition die Entscheidung als „wirtschaftlichen Vandalismus“ bezeichnete.

Öl ist derzeit noch ein wichtiges Exportgut für Neuseeland. Ungefähr 20 Öl- und Gasfelder sind dort in Betrieb. Dazu gehören Felder wie Kapuni, Maui, Pohokura und Kupe – alle in der Taranaki-Region an der Westküste der Nordinsel gelegen (siehe Grafik). An einigen ist die OMV beteiligt.

Der Mineralölkonzern, der 1999 durch den Kauf von Cultus Petroleum einen 30-Prozent-Anteil am größten Ölfeld Neuseelands, Maari, erworben hat und damit erstmals im Pazifik Flagge zeigte, hat erst kürzlich den Verkauf des mittlerweile auf 69 Prozent gestiegenen Anteils bekanntgegeben. Dies habe aber nichts mit den Protesten zu tun, sondern mit der bereits vor längerem eingeschlagenen Strategie, von Öl Richtung Gas zu switchen. Gas wird als Übergangstechnologie verstanden, die weniger klimaschädlich ist und den Zeitraum überbrücken helfen soll, bis erneuerbare Energien irgendwann die Oberhand haben.

Greenpeace lässt das nicht gelten und fordert den kompletten Rückzug der OMV aus der Förderung von Kohlenwasserstoffen (siehe Interview). Seltene Blauwale, Buckelwale und andere Meerestiere hätten keine Fürsprecher.

In der Nacht auf Dienstag sind die letzten Aktivisten, die ein im Hafen von Timaru zum Auslaufen bereitstehendes Versorgungsschiff der OMV geentert haben, nach vorhergehender Verhaftung wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Die Proteste will man fortsetzen. (Günter Strobl, 27.11.2019)