So beängstigend Albträume auch sein mögen, sie erfüllen offenbar eine wichtige Aufgabe.

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Genf – Albträume sind keine feine Sache – und doch dürften sie eine wichtige Funktion erfüllen. Schweizer Wissenschafter haben nun nachgewiesen, dass bei beängstigenden Träumen ähnliche Hirnregionen aktiv sind wie bei Angst im wachen Zustand. Die Genfer Forscher berichten, dass schlechte Träume sogar möglicherweise dabei helfen, Ängste im Wachsein besser zu kontrollieren.

Wo im Gehirn entstehen schlechte Träume? Dieser Frage ist ein Forschungsteam um Lampros Perogamvros und Sophie Schwartz von der Universität und den Universitätsspitälern Genf (HUG) nachgegangen. Ihre Studie zeigt, welche Hirnareale bei beängstigenden Träumen aktiv sind. Und dass dies womöglich auch für den Wachzustand abhärtet, wie die Forschenden im Fachblatt "Human Brain Mapping" berichten.

Albträume unter Beobachtung

Die Forscher zeichneten die Hirnaktivität von 18 Probanden beim Schlafen auf. Dazu trugen die Testpersonen Kappen mit 256 Elektroden, die ein sogenanntes Elektroenzephalogramm (EEG) aufzeichneten. Während der Nacht weckten die Forschenden die Probanden mehrfach auf und befragten sie zu ihren Träumen.

Anhand des Aussagen identifizierten die Forschenden zwei Hirnareale, die insbesondere mit beängstigenden Träumen zusammenhängen: die sogenannte Inselrinde und den Gyrus cinguli. Im Wachzustand – und den neuen Ergebnissen zufolge offenbar gleichermaßen im Traum – spielt die Inselrinde eine Rolle bei der Bewertung von Emotionen, der Gyrus cinguli beim Vorbereiten motorischer Reaktionen auf eine Bedrohung.

Angst im Schlaf und im Wachzustand

In einem nächsten Schritt untersuchten die Wissenschafter, ob sich das Erleben von Angst im Traum auf die Gefühlsregungen der Probanden im Wachsein auswirkten. Dafür ließen sie 89 Probanden eine Woche lang ein Traumtagebuch führen und die Art ihrer Träume jeden Morgen nach dem Aufwachen festhalten.

Anschließend maßen sie die Hirnaktivität der Probanden mittels Magnetresonanztomografie, während sie ihnen beängstigende Bilder, beispielsweise von gewalttätigen Übergriffen zeigten. Der Fokus lag dabei auf Hirnarealen, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind, wie die Inselrinde, die Amygdala, der mediale präfrontale Cortex und der Gyrus cinguli.

Tatsächlich stellten die Forschenden fest, dass Inselrinde, Gyrus cinguli und Amygdala umso weniger auf die beunruhigenden Bilder reagierten, je schlechter die jeweilige Person in der Woche zuvor geträumt hatte. Der mediale präfrontale Cortex hingegen, der die Angstreaktion der Amygdala hemmt, war hingegen umso aktiver.

Simulation beängstigender Situationen

Die Ergebnisse bestätigen eine neurowissenschaftliche Theorie, dass Menschen beängstigende Situationen im Traum simulieren, um in der Realität besser zu reagieren. Nun wollen die Forschenden prüfen, ob sich auf dieser Basis eine Therapie gegen Angststörungen entwickeln ließe.

Außerdem wollen sie auch den Effekt von Albträumen besser erforschen. Bei Albträumen übersteigt die Angst das Level von schlechten Träumen und stört den Schlaf. Wenn die Furcht im Traum einen gewissen Schwellenwert überschreite, verliere sie wahrscheinliche ihre hilfreiche Funktion, so Perogamvros. (red, APA, 27.11.2019)