Wie die Ackerschmalwand, der Zebrafisch oder die Fruchtfliege, so ist auch der Fadenwurm Caenorhabditis elegans ein gerne herangezogener Modellorganismus, der Schlüsse vom Kleinen aufs Große ermöglicht.
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Wien – Allzu viel Prozessorkapazität steht dem Fadenwurm Caenorhabditis elegans nicht zur Verfügung: Das nur etwa einen Millimeter lange Tier muss mit ganzen 302 Neuronen auskommen. Und doch kann der in der Forschung als Modellorganismus sehr beliebte Wurm einigermaßen komplexe Handlungsabläufe absolvieren. Wie er das tut, darüber berichten Forscher aus Wien im Fachjournal "Neuron".

Verhaltensforscher haben schon seit den 1940er-Jahren systematisch beschrieben, wie komplexe Verhaltensweisen wie die Paarung in einzelne Schritte unterteilt werden. Ob und in welcher Form sich jedoch die notwendige Handlungshierarchie auch anhand der Aktivitäten von Neuronen widerspiegelt, sei noch nicht hinreichend geklärt, berichtet die Universität Wien. Ein Team um den Neurowissenschafter Manuel Zimmer von der Uni Wien und dem Institut für Molekulare Pathologie (IMP) ist dem nachgegangen, indem es C. elegans bei unterschiedlichen Bewegungsabläufen zugesehen hat.

Verhaltenshierarchie

Zimmer und sein Team nutzten verschiedene Mikroskopietechniken, wodurch sie beobachten konnten, welches Neuron des Wurms zu einer bestimmten Zeit jeweils aktiv war. So identifizierten sie aktive Neuronen, die jeder Stufe einer Verhaltenshierarchie entsprachen. Manche Neuronen waren über längere Zeit aktiv, etwa während der Wurm vorwärts kriechen wollte, hörten aber auf zu feuern, wenn der Wurm rückwärts kroch.

Die Forscher beobachteten dabei, wie die Aktivitäten anderer Neuronen, welche schnellere Bewegungsabläufe kontrollieren (zum Beispiel Kopfbewegungen), hierarchisch in die langsameren Aktivitätsmuster eingebettet waren.

Vom Wurm auf den Menschen gekommen

Die Forscher sehen ihre Arbeit als "Pionierstudie", deren Erkenntnisse nicht nur in Bezug auf den Fadenwurm interessant seien. "Es geht hier nicht nur darum, wie ein Wurm durch die Erde kriecht", betont Zimmer, "sondern um die Prinzipien, nach denen das Gehirn das Verhalten organisiert." Diese Prinzipien könnten auch Rückschlüsse auf den Menschen zulassen: "Die menschliche Sprache ist ebenfalls hierarchisch organisiert, mit Silben, Wörtern und Sätzen. Möglicherweise könnten dieselben Prinzipien die Spracherzeugung und das Sprachverständnis im menschlichen Gehirn regeln." (red, APA, 28. 11. 2019)