"Der Aufruhr rund um die Casinos-Bestellung ist scheinheilig", befand Martina Salomon dieser Tage im "Kurier". Solche Vorgänge seien nichts Außergewöhnliches, "man nennt es Proporz". Nun mag es menschlich nachvollziehbar sein, dass die Chefredakteurin persönlich mit politisch motivierten Postenbesetzungen eher wenig Probleme hat, doch der ihrer Einschätzung der Casinos-Affäre zugrunde liegende Spin "Geh bitte, is’ halt der übliche Postenschacher. Machen doch eh alle!" wird derzeit von nicht wenigen PR-Söldnern und Zudeckungsjournalisten der Öffentlichkeit als Beruhigungsmittel vorgesetzt. Das ist so, als würde man nach der Explosion einer von Terroristen gezündeten Autobombe eine Diskussion über die weit verbreitete Akzeptanz von Falschparken beginnen, weil das gesprengte Fahrzeug im Halteverbot gestanden ist.

Der ehemalige FPÖ-Politiker Johann Gudenus.
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Deshalb zur Klarstellung: Beim Skandal rund um die Bestellung des völlig kompetenzresistenten FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo in den Vorstand der Casinos Austria AG handelt es sich um einen Kriminalfall. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Glücksspielkonzern Novomatic nicht nur auf Wunsch der FPÖ diese Personalie durchgesetzt hat, sondern zuvor schon – so wie von H.-C. Strache auf dem Ibiza-Video angedeutet – hohe Zahlungen an einen FPÖ-nahen Verein geleistet hat. Als Gegenleistung soll eine Unterstützung durch die Freiheitlichen bei der Erlangung einer Online-Gaming-Lizenz für Novomatic und die dafür nötige Gesetzesänderung ausgemacht gewesen sein. Laut den Ermittlern habe der auf FPÖ-Vereine ohne öffentlich erkennbaren Zweck spezialisierte Ex-Nationalratsabgeordnete Markus Tschank dabei als Verbindungsmann agiert.

Sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis

Das würde immerhin die Frage beantworten, warum Johann Gudenus in den Tagen kurz vor Veröffentlichung des Ibiza-Videos ausgerechnet mit dem auch in der Sieben-Stunden-Film-Fassung nicht namentlich genannten Tschank so oft telefoniert hat. Über den Zweck anderer von der polizeilichen Telefondatenrückerfassung festgestellter Anrufe Gudenus im fraglichen Zeitraum kann man nur mutmaßen. Wollte er von der Österreichisch-Russischen Freundschaftsgesellschaft vielleicht Auskünfte über ein etwaiges Oligarchinnenregister? Oder nur über das Wetter in Moskau und die aktuelle Schneelage? Und warum hat er ausgerechnet Hubert Gorbach angerufen? Vielleicht, um von dessen Erfahrungsschatz zu profitieren?

Zum Thema "Verkauf von Gesetzen" hat Gorbach einst als Minister mit der für die Telekom ersonnenen "Universaldienstverordnung" Maßstäbe gesetzt. Diese brachte der Telekom rund zehn Millionen Euro zum Nachteil der Konsumenten und Gorbach 270.000 Euro. 100.000 davon musste er zwar später als "Schadenswiedergutmachung" zurückzahlen, doch nachdem er vor Gericht für das Delikt Geldwäscherei "die Verantwortung" übernommen hatte, kam er mit unverschämt läppischen 1680 Euro als Bußgeldzahlung davon.

Das ergab unterm Strich ein sensationelles Preis-Leistungs-Verhältnis für alle Beteiligten, von dem heutige Politiker, ebenso wie Novomatic, einstweilen nur träumen können. Deshalb könnte Gorbachs Rat an Gudenus gelautet haben: "The world in Ibiza is too small."(Florian Scheuba, 27.11.2019)