Satel-Produktion zu wesentlichen Teilen in Prag für Netflix und ORF: "Freud", gespielt von Robert Finster.

Foto: ORF/Satel Film/ Bavaria Fiction/Jan Hromádko

Was könnte die nächste Regierung tun, damit deutlich mehr große TV- und Streamingproduktionen in Wien gedreht werden – und nicht großteils in Tschechien, Ungarn, Polen oder Rumänien? Die Produzenten drängen auf ähnliche Steuer- oder Fördermodelle, mit denen viele Länder, insbesondere in der Nachbarschaft, 20 bis 30 Prozent der Produktionskosten rückerstatten.

Bestbieter dürfte derzeit Rumänien sein. Das Branchenmedium "Hollywood Reporter" staunte über das "großzügigste Modell": Internationale Produktionen dürfen mit 35 bis 45 Prozent Rückerstattung der Kosten rechnen, wenn sie in Rumänien drehen, bis zu 15 Millionen Dollar pro Projekt. 57 Millionen Dollar reservierte das Land 2018 dafür.

Hanke, Hollywood und HBO

Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke tourt gerade in die USA zu Netflix und Warner/HBO mit der Mission, gleichsam Hollywood nach Wien zu holen. Hanke will Wien als Produktionsstandort fördern, hat dafür etwa leerstehende Hallen im Portfolio und drängt ebenfalls auf finanzielle Anreize. Da verwies er bei "Horizont" gerade auf den Bund – den es für ein solches Rückerstattungsmodell wohl bräuchte.

"Wirtschaftsförderung und Tax-Incentives sind heute schon erster Bestandteil und Notwendigkeit jeder größeren Produktion", sagte Moritz von Kruedener, Managing Director des deutschen Produktions- und Rechteriesen Beta Film, am Mittwoch beim Produzent*innentag des Branchenverbands Austrian Association of Film Producers (AAFP) in Wien. Größenordnung: 20 bis 30 Prozent des Produktionsvolumens. "Große Produktionen sind sehr stark darauf aus, das zu optimieren."

"Dem Standort wahnsinnig guttun"

Kruedener verweist auf mehr als 30 Produktionen in Prag allein im Sommer 2018: "Die hätten zum Teil auch hier gedreht werden können." Es gehe um Modelle, die "vor allem technisch berechenbar funktionieren, wo ich am Beginn der Finanzierung weiß: Wenn ich bestimmte Kriterien erfülle, werde ich diese Finanzierung bekommen. Das ist ein Riesenvorteil und würde dem Standort wahnsinnig guttun – wenn man den lokalen Produktionsmarkt fördern will."

Inzwischen sieht der Beta-Manager viele Produktionen nach Polen abwandern, das ebenfalls ein 30-Prozent-Modell eingeführt habe.

Heinrich Ambrosch, Geschäftsführer und Miteigentümer der Wiener Satel Film, produziert gerade in Prag für Netflix und ORF "Freud", nicht allein wegen der Rückerstattung, sondern etwa auch wegen des genutzten leerstehenden historischen Baukomplexes – "das gibt es in Wien nicht".

Ambrosch verfolgt die Überlegungen von Wirtschaftsstadtrat Hanke "mit großem Interesse", die Produzentenverbände würden das sicher "vertiefen" wollen: "Es geht in die richtige Richtung."

"Im deutschsprachigen Markt aufdampfen"

"Freud" wird auch aus Mitteln des Fernsehfonds der Rundfunk- und Telekomregulierung gefördert – aber nur, weil der ORF Koproduktionspartner ist. Die Richtlinien des mit jährlich 13,5 Millionen Euro dotierten Fonds für TV-Produktionen mit wesentlicher österreichischer Wertschöpfung verlangen lineares Fernsehen als Bedingung für eine Förderung. "Es kann nicht so bleiben, dass der Fernsehfonds keine Plattforminhalte direkt fördern kann", fordert Ambrosch.

"Ich hoffe auf Voraussetzungen, dass in zehn Jahren in diesem Land unabhängig produziert werden kann. Sonst werden wir im gesamtdeutschsprachigen Markt aufdampfen, sagt AAFP-Vorstandskollege John Lueftner, Geschäftsführer und Gesellschafter der Super Film: "Damit das nicht passiert, braucht es eine Gleichstellung in der Steuerfrage mit anderen europäischen Ländern. Und der Fernsehfonds Austria gehört aufgestockt – er ist jedes Jahr vorzeitig leer und wird dadurch unverlässlich auch gegenüber internationalen Kooperationspartnern." (fid, 28.11.2019)