Ein Satellit der Erdbeobachtungsflotte der Esa.

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Esa-Generaldirektor Jan Wörner (links) posiert mit dem spanischen Wissenschaftsminister Pedro Duque und dem Bürgermeister von Sevilla, Juan Espadas.

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Sevilla – Mit eindrucksvollen Argumenten hat der Generaldirektor der europäischen Raumfahrtorganisation Esa, Jan Wörner, von den Mitgliedsstaaten mehr Geld für gemeinsame Weltraumprojekte gefordert. "Wir wollen nicht wegen eines Meteoriten aussterben", sagte Wörner bei der derzeit in Sevilla stattfindenden Esa-Ministerratskonferenz unter Hinweis auf das Schicksal der Dinosaurier.

Der Aspekt "Überwachen und Schützen", eine von vier Säulen der künftigen Projektgestaltung der Esa (neben "Erkunden und Entdecken", "Dienste und Anwendungen" und "Entwerfen und Betreiben"), liegt dem Deutschen besonders am Herzen. Bei den Debatten über die Finanzierung der Programme gehe es darum, "Verantwortung zu übernehmen", so Wörner in seiner Rede vor den Ministern und anderen Vertretern der 22 Mitgliedsländer, darunter Österreich, der assoziierten Staaten Slowenien und Kanada, der EU und anderer Organisationen und Partner.

Chancen und Risiken

Man wolle unter anderem ein System zur rechtzeitigen Entdeckung und Abwehr von gefährlichen Himmelskörpern entwickeln und in der Lage sein, auch anderen potenziellen Gefahren wie Sonnenstürmen, die das Leben auf der Erde stark in Mitleidenschaft ziehen können, Paroli zu bieten. Zu den Risiken gehöre auch der Weltraummüll. Rund 3.000 von insgesamt 4.500 Satelliten im Weltraum seien etwa nicht mehr aktiv und stellten eine "sehr große Gefahr" dar.

Entgegen der Meinung vieler sei Raumfahrt für das tägliche Leben auf der Erde von großer Bedeutung, betonte Wörner. Es gehe um Inspiration, um Wettbewerbsfähigkeit (Europas) und um Verantwortung. Man stünde vor Herausforderungen wie Klimawandel, Migration, Energie, Ressourcen und Konflikte. "All diese Herausforderungen sind Teil von dem, was wir machen." Vor allem dürfe man auch den wirtschaftlichen Aspekt der Raumfahrt nicht unterschätzen, wie Wörner kürzlich zum STANDARD sagte: "Wir schießen ja kein Geld da rauf, sondern Arbeit, die auf der Erde Arbeitsplätze schafft. Ein Euro investiert in die Raumfahrt bringt insgesamt etwa sechs Euro zurück."

Zehn Prozent mehr für drei Jahre

Doch wie viel Geld ist nötig, um diese Herausforderungen zu meistern? Die ESA hatte 2019 einen Gesamtetat von 5,72 Mrd. Euro, der zu 73 Prozent von den Mitgliedsländern finanziert wurde. Deutschland ist mit 927 Mio. Euro nach Frankreich (1,2 Mrd. Euro) der zweitgrößte Beitragszahler. Hinzu kommen Beiträge institutioneller Partner wie der EU.

Nun wird für die nächsten drei Jahre ein Anstieg von rund zehn Prozent angestrebt. Wörner betonte vor der Konferenz aber, dass man die nun geforderten Summen aufgrund der unterschiedlichen Laufzeiten der diversen Programme nicht mit denen vergleichen könne, die bei der letzten Ministertagung 2016 in der Schweiz beschlossen wurden. In der Tat laufen manche Programme, die zur Finanzierung anstehen, über zwei Jahre, andere über fünf. Manche Programme sind freiwillig, andere verpflichtend.

Österreich werde seinen Beitrag zum Esa-Budget bzw. zu den Programmen fortschreiben, erklärte man im Infrastrukturministerium im Vorfeld der Konferenz. Minister Andreas Reichhardt vertritt Österreich bei der Konferenz. Der heimische Beitrag zum Esa-Budget liegt bei 55 Mio. Euro pro Jahr und werde auf diesem Niveau gehalten.

"Die Menschen wollen Raumfahrt"

Wörner betonte, man verlange von den Mitgliedsländern einen Beitrag von lediglich acht Euro pro Jahr und Bürger. In einer Umfrage unter 5.000 Europäern habe die ESA ermittelt, dass die Menschen bereit seien, im Schnitt 287 Euro pro Kopf und Jahr auszugeben. Wörner: "Die Botschaft lautet: Die Menschen wollen Raumfahrt."

Entscheidend dürfte für die Minister und Experten der Länder derweil die Frage sein, ob man weiterhin in fast allen Raumfahrt-Sektoren mit jeweils geringeren Beträgen mitspielen oder aber klare Prioritäten setzen will. Die Konkurrenz schläft nicht. Das US-Unternehmen SpaceX von Elon Musk baut billigere Trägerraketen, die zudem – im Gegensatz zu Ariane – wiederverwendbar sind.

Für Deutschland steht die Förderung von mittelständischen Firmen im Fokus. "Raumfahrt-Mittelstand ist unser erstes Thema", sagte der deutsche Chefverhandler Thomas Jarzombek auf Twitter. Der sei bisher zwischen den großen Themen wie der ISS-Raumfahrtstation und Ariane "ein bisschen zu kurz gekommen". Das zweite Thema seien für Deutschland die Erdbeobachtungs-Satelliten, die auch zur Klimaforschung wichtig sind.

Für die Beteiligung Österreichs an den Wahlprogrammen hat die Agentur für Luft- und Raumfahrt in der Forschungsförderungsgesellschaft FFG einen Vorschlag auf Basis einer Analyse der Interessen und Potenziale der heimischen Unternehmen und Forschungseinrichtungen erstellt. Empfohlen wurde ein Zeichnungsvolumen in Höhe von 119 Mio. Euro, allerdings könnten aufgrund der Budgetsituation und der vorgeschlagenen Höhe des Esa-Pflichtprogramms Wahlprogramme nur in Höhe von 92,5 Mio. Euro gezeichnet werden, heißt es seitens des Infrastrukturministeriums. (red, APA, 28.11.2019)