Die Weichen für den nächsten parlamentarischen Untersuchungsausschuss sind gestellt. Er wird wieder eine Mammutaufgabe. Zigtausende Seiten vertraulicher Dokumente müssen gesichtet werden, dutzende Auskunftspersonen müssen befragt werden: Das Parlament wird monatelang auf Trab gehalten. Es gibt viele Argumente gegen einen U-Ausschuss – etwa dass sich zahlreiche Verdächtige wie Heinz-Christian Strache oder Peter Sidlo mit Verweis auf parallel laufende Ermittlungen entschlagen können. Und trotzdem ist der U-Ausschuss richtig und wichtig. Denn die Postenschacheraffäre rund um die Casinos ist ein Sittenbild der türkis-blauen Regierungszeit, in der frühere, auch unter rot-schwarz übliche Verhaltensweisen auf die Spitze getrieben wurden.

Das Parlament wird wegen dem nächsten parlamentarischen Untersuchungsausschuss monatelang auf Trab gehalten.
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Allerdings kann ein U-Ausschuss nur ein Teil der Lösung sein. Es ist dringend notwendig, Transparenz in dieser Republik komplett neu zu denken. Andere Länder können Vorbild sein. Wie wäre es zum Beispiel, wenn parlamentarische Ausschüsse Spitzenmanager zur Befragung einladen dürften, ohne dafür gleich einen U-Ausschuss einzusetzen? In den USA ist das möglich. Facebook-Chef Mark Zuckerberg stand dem Kongress Rede und Antwort, als dieser die Affäre rund um Datenabflüsse untersuchte. Warum geht das nicht in Österreich? Es braucht ein Instrument, das zwischen zahnlosen parlamentarischen Anfragen und dem Monstrum U-Ausschuss angesiedelt ist.

Außerdem werden derartige Befragungen in den USA live im Fernsehen übertragen. Das wird zwar manchmal zum Zweck der Unterhaltung übertrieben aufgebauscht, aber gleichzeitig sind die Befragungen demokratiepolitisch wertvolle Zeitdokumente. Auch hier fragt man sich, warum Bürger der Republik nicht einmal die Auftritte von amtierenden Kanzlern oder Ministern in U-Ausschüssen selbst beobachten dürfen.

Amtsgeheimnis abschaffen

Doch man sollte nicht erst bei der Aufklärung vermeintlich krummer Deals ansetzen, sondern viel früher. Der Moment der Posten- oder Auftragsvergabe ist entscheidend. Das mittlerweile leider schon abgelutschte Zauberwort heißt Transparenz. Bei Aufträgen, die nicht im Bereich der nationalen Sicherheit angesiedelt sind, sollten Angebote bis zum Centbetrag veröffentlicht werden. Die Republik sollte detailliert erklären müssen, warum sie eine Person als Aufsichtsrat oder als Vorstand einer Firma mit öffentlicher Beteiligung für geeignet hält.

Außerdem muss man das Amtsgeheimnis abschaffen und endlich ein Informationsfreiheitsgesetz einführen. Journalisten und interessierte Bürger sollen nicht länger erklären müssen, warum sie etwas wissen wollen. Dieses Prinzip ist falsch. Vielmehr sollen Behörden genau erklären müssen, warum bestimmte Daten nicht öffentlich verfügbar sind. Das wäre ein großer Schritt, der Korruption tatsächlich verhindern könnte.

Doch auf dem Weg dorthin lauern viele Stolpersteine, und mit Kenntnis der handelnden Akteure ist das Vertrauen in umfassende Reformen nicht allzu groß. Allerdings war es Sebastian Kurz, der einst – lange vor seiner Kanzlerschaft – davon gesprochen hatte, dass es den gläsernen Staat, nicht den gläsernen Bürger brauche. Gemeinsam mit den Grünen und konstruktiven Kräften anderer Parteien ist es nun an der Zeit, dieses alte Versprechen endlich umzusetzen. (Fabian Schmid, 28.11.2019)