Konzerne wie Amazon haben in vielen Ländern keine Niederlassungen und sind somit nicht ertragssteuerpflichtig.

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Panama-Papers und andere Enthüllungen über Steuerflucht führen zwar regelmäßig zu einem öffentlichen Aufschrei, doch an der Vermeidung von Abgabenzahlungen hat sich in den letzten Jahren nicht sehr viel geändert. Es geht dabei nicht nur um die Verschiebung von Vermögen in Offshore-Gebiete in der Karibik oder anderen Steuerparadiesen, sondern auch um Tricks der Konzerne innerhalb der EU.

Vereinfacht gesagt werden die Gewinne dort versteuert, wo die Steuersätze am niedrigsten sind. Dazu dienen beispielsweise Patente oder Lizenzen, man denke an einen Pharmakonzern. Der Anreiz ist groß, ein neues Medikament in einem Land anzumelden, in dem die Steuerlast gering ist.

Viele Schlupflöcher

Die Niederlassungen in Hochsteuerländern zahlen dann Lizenzgebühren an die Schwestergesellschaft, die das Patent hat. Das erhöht die Ausgaben und senkt die Gewinne und damit die Bemessungsgrundlage für die Steuern. Dort, wo die Profite verbucht werden, ist wiederum der Steuersatz gering oder es existieren Sonderregelungen für Patente. Unter dem Strich gehen damit Steuereinnahmen verloren.

Ministerin Udolf-Strobl stimmte gegen Berichtspflichten für Konzerne.
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Das Ziel kann auch über interne Verrechnungspreise erreicht werden.Zwar sind diese Gewinntransfers in der Praxis nicht so einfach, doch die Steueroptimierer finden meist (legale) Wege. In der EU machen die Ausfälle laut einer Studie 7,7 Prozent der Körperschaftsteuereinnahmen aus. Das Problem nimmt tendenziell zu, da IT-Giganten wie Amazon oder Google in den meisten Staaten über gar keine Niederlassung verfügen und somit lokal gar nicht steuerpflichtig sind.

Druck der Öffentlichkeit

Ein Ansatzpunkt von vielen, um den Status quo zu ändern, ist das sogenannte Country-by-Country-Reporting. Es sieht vor, dass Konzerne die Steuerleistung nach Ländern aufschlüsseln müssen. Diese Regelung ist zwar schon in Kraft, allerdings erfolgt die Offenlegung nur gegenüber den Steuerbehörden. Das wollte die EU-Kommission ändern und folgte den Forderungen vieler Nichtregierungsorganisationen (NGOs), wonach die lokale Steuerleistung transparent gemacht werden muss.

Damit müssten sich Unternehmen mit aggressiver Steueroptimierung stärker in der Öffentlichkeit verantworten, so die Idee. Im EU-Rat der Mitgliedsstaaten fand der Vorstoß nicht die geforderte Einstimmigkeit, weshalb die Kommission einen neuen Versuch startete. Sie änderte daher die Kompetenzgrundlage, in der eine qualifizierte Mehrheit für die Annahme der Vorlage reicht. Der Beschluss schien somit zuletzt in greifbarer Nähe.

Zwölf Länder dagegen

Doch das Ziel wurde am Donnerstag neuerlich verfehlt. Zwölf Länder, darunter Österreich, stimmten gegen den Entwurf, der die länderweise Veröffentlichung für Konzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Umsatz vorsieht. Deutschland enthielt sich der Stimme.Wirtschaftsministerin Elisabeth Udolf-Strobl sagte: "Der Austausch von Steuerdaten geschieht bereits jetzt. Wir sehen es nicht als sinnvoll an, zusätzliche Regularien einzuführen, wenn sie eben nicht notwendig sind."

Udolf-Strobl begründete das Nein zudem mit der ihrer Meinung nach unzureichenden Rechtsgrundlage. Sie forderte, dass sich der Rat der Finanzminister (Ecofin) mit der Materie befasst. Wirtschaftsvertreter hatten davor ordentlich Druck gemacht, das Vorhaben platzen zu lassen. Sie behaupten, das geplante Reporting würde Nachteile für europäische Unternehmen im internationalen Wettbewerb bringen.

Kritik an Ministerin

Udolf-Strobl erntete nicht nur von SPÖ und Grünen Kritik, sondern auch von ÖVP-Kreisen. "Die Blockade der Mitgliedstaaten zur länderbezogenen Offenlegungspflicht schützt die Steuertrickser. Ich bedauere, dass die österreichische Übergangsregierung dazu beim heutigen Treffen der Wirtschaftsminister beigetragen hat", sagte Othmar Karas, Vizepräsident im Europaparlament. Die Berichtspflicht löse zwar das Problem nicht, doch "sie zeigt, wo die Eiterbeulen der Steuervermeidung sind, die wir aufstechen müssen". (as, 28.11.2019)