Nach der tagelangen Belagerung der Polytechnischen Universität in Hongkong ist die Polizei am Donnerstag auf das Gelände der Hochschule vorgedrungen. Dabei gehe es nicht um die Suche nach verbliebenen Besetzern, sondern um das Entfernen gefährlicher Gegenstände und die Spurensicherung, hieß es.

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Nach der tagelangen Besetzung der Polytechnischen Universität ist jede Menge Müll auf dem Gelände zurückgeblieben. Darunter sind auch zahlreiche Brandsätze und andere gefährliche Chemikalien.
Foto: Reuters / Leah Millis

Ob sich überhaupt noch Demonstranten in dem Gebäude verschanzt hielten, war am Donnerstag unklar. Zwar erklärte ein vermummter Mann gegenüber Journalisten, dass sich noch etwa zwanzig Personen auf dem Gelände versteckt hielten. Dafür gab es aber zunächst keine Hinweise.

Die Polytechnische Universität war seit Mitte November das Zentrum der Zusammenstöße zwischen prodemokratischen Demonstranten und Sicherheitskräften. Mit Molotowcocktails, Steinschleudern und Pfeil und Bogen verhinderten die Besetzer tagelang ein Eindringen der Polizei. Diese belagerte daraufhin das Gelände und ließ niemanden unkontrolliert hinaus. Nun konnte die Polizei verbliebene Brandsätze sichern.

Druck auf Peking

Unterdessen erhöht sich der internationale Druck auf die Führung in Peking. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Mittwoch (Ortszeit) zwei Gesetze zur Unterstützung der Demokratiebewegung in Hongkong. Die "Menschenrechts- und Demokratieverordnung" ermöglicht wirtschaftliche Sanktionen gegen Hongkong. Bisher galt für die Sonderverwaltungszone eine Vorzugsbehandlung: Von Sanktionen gegen Peking, wie die von Trump im Handelskrieg gegen China verhängten Strafzölle, blieb Hongkong bisher ausgenommen. Ein zweites Gesetz verbietet den Export von Materialien, die zur Repression der Proteste in Hongkong verwendet werden, wie zum Beispiel Tränengas, Gummigeschosse, Wasserwerfer und Elektroschocker.

Trump erklärte, das Ziel der Maßnahme sei es, die Vertreter Chinas und Hongkongs dazu zu bringen, "ihre Meinungsverschiedenheiten freundschaftlich zu regeln, um lange anhaltenden Frieden und Wohlstand für alle" zu erzielen. Gleichzeitig versicherte er Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seinen "Respekt".

Veto gefordert

China hatte von Trump gefordert, sein Veto gegen die Gesetzesentwürfe einzulegen. Im US-Kongress waren diese zuvor mit nur einer Gegenstimme beschlossen worden. Auf die Unterzeichnung durch Trump reagierte Peking scharf: Vizeaußenminister Le Yucheng zitierte den US-Botschafter Terry Branstad ins Ministerium. Peking drohte nicht näher ausgeführte "massive Gegenmaßnahmen" an, sollten sich die USA weiterhin in Chinas innere Angelegenheit einmischen und internationales Recht brechen. Außerdem gefährdeten die Gesetze die "Prosperität der Stadt", indem sie "gewalttätige Kriminelle unterstützen, die öffentliche Einrichtungen zerstören und unschuldige Passanten attackierten".

Auch die Peking-treue Hongkonger Regierung kritisierte Trump. Washington sende mit den Gesetzen die falschen Signale an die Demonstranten aus und mische sich in die Angelegenheiten der Stadt ein.

Proteste seit Juni

Peking versucht seit längerem, die Proteste als Taten einer gewaltbereiten Minderheit darzustellen. Auch nachdem sich die überwältigende Mehrheit der Hongkonger bei den Bezirkswahlen am vergangenen Sonntag hinter die Pro-Demokratie-Bewegung gestellt hatte, rückt Peking nicht von diesem Narrativ ab.

Auslöser der seit Juni laufenden Demonstrationen waren umstrittene Gesetzespläne, die die Auslieferung Beschuldigter an China ermöglicht hätten. Die zunächst friedlichen Proteste wurden mit ihrer Fortdauer immer radikaler und auf beiden Seiten gewalttätiger. Die Polizei nahm tausende Menschen fest, die Stadt wurde regelmäßig von den Demonstranten lahmgelegt. Nach den Bezirkswahlen ebbte die Gewalt ab. (Michael Vosatka, Philipp Mattheis aus Schanghai, 28.11.2019)